21. Mai 2003

Bundesverwaltungsgericht: Pressemitteilung Nr. 23/2003 vom 21.05.2003

Ausschluss ausgetretener Kirchenmitglieder von einer Kirchensteuerermäßigung zulässig

 

Die Klägerin war für das Jahr 1998 von der evangelischen Kirche der Pfalz u.a. wegen einer Unternehmensveräußerung zu Kirchensteuer in erheblicher Höhe herangezogen worden. Ihre im Jahr 2000 gestellten Anträge auf Ermäßigung der Kirchensteuer lehnte die beklagte Kirche ab, weil die Klägerin bereits 1999 aus der Kirche ausgetreten sei. Zwar ermäßige sie auf Antrag die Kirchensteuer auf Veräußerungsgewinne auf bis zu 50% und begrenze die Kirchensteuer im Übrigen auf 4% des zu versteuernden Einkommens (Kappung). Dies geschehe aber nur gegenüber Kirchenmitgliedern, deren Bindung an die Kirche dadurch gefestigt werden solle.

Mit ihrer Klage auf Kirchensteuerermäßigung hatte die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Neustadt Erfolg, weil sich die Beklagte nicht auf den Kirchenaustritt der Klägerin berufen dürfe. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hingegen hielt die Erlasspraxis der Beklagten für rechtens und wies die Klage ab.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute die Klagabweisung durch das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis bestätigt. Dass die hohe Kirchensteuer für die Klägerin keine unbillige Härte im Sinne des § 227 der Abgabenordnung bedeute und sie deshalb keinen Steuererlass nach dieser Vorschrift beanspruchen könne, habe das Oberverwaltungsgericht in der Anwendung von Landesrecht festgestellt; hieran sei das Bundesverwaltungsgericht gebunden. Auch auf die von der Beklagten praktizierte Kappung der Kirchensteuer aus kirchenspezifischen Gründen könne sich die Klägerin nicht berufen. Dafür fehle es, so das Bundesverwaltungsgericht, an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Das Gebot der Gesetz- und Tatbestandsmäßigkeit der Steuererhebung gelte auch für die Kirchensteuer. Wie die staatlichen Steuern könne auch sie nur nach Maßgabe hinreichend bestimmter Regeln erhoben und erlassen werden. Eine solche Regelung sei für die von der Beklagten praktizierte Kappung weder im Kirchensteuergesetz des Landes noch in ihrer eigenen Kirchensteuerordnung vorhanden.

Selbst wenn es eine ausreichende Rechtsgrundlage für einen kirchenspezifischen Steuererlass gäbe, wäre die Beklagte, wie das Bundesverwaltungsgericht ergänzend ausführt, nicht gehindert, deren Gewährung an die fortbestehende Kirchenmitgliedschaft des Steuerpflichtigen zu knüpfen, sofern damit dessen Bindung an die Kirche gefestigt werden soll. Dadurch würde weder das Grundrecht der Glaubensfreiheit verletzt, das den ungehinderten Kirchenaustritt garantiere, noch bedeutete es eine gleichheitswidrige Schlechterstellung ausgetretener, früherer Kirchenmitglieder.

BVerwG 9 C 12.02 - Urteil vom 21. Mai 2003