Coronakrise und Religionsfreiheit

Das Zusammenspiel staatlicher und kirchlicher Normen in Deutschland, speziell in Bayern

Von Burkhard Josef Berkmann

 

Inhalt

 
  1. Vorbemerkung
  2. Staatliches Recht
    1. 2.1. Religionsfreiheit
    2. 2.2. Rechtsnormen betreffend die Corona-Pandemie
    3. 2.3. Judikatur zur Religionsfreiheit unter den Corona-Maßnahmen
    4. 2.4. Stimmen aus der Rechtswissenschaft
  3. Kirchliches Recht
    1. 3.1. Rechtslage im Allgemeinen
      1. 3.1.1. Gesetzgebungskompetenzen
      2. 3.1.2. Zuständigkeit für Einzelverwaltungsakte
      3. 3.1.3. Sonderbestimmungen im Sakramentenrecht
      4. 3.1.4. Grundrechte
        1. 3.1.4.1. Allgemein
        2. 3.1.4.2. Anwendungsbereich
        3. 3.1.4.3. Eingriff
        4. 3.1.4.4. Schranken
        5. 3.1.4.5. Rechtsgrundlage
        6. 3.1.4.6. Legitimes Eingriffsziel
        7. 3.1.4.7. Verhältnismäßigkeit
      5. 3.1.5. Rechtsschutz
    2. 3.2. Spezielle Normen angesichts der Coronapandemie
      1. 3.2.1. Universalkirche
      2. 3.2.2. Katholische Kirche in Deutschland
      3. 3.2.3. Bayerische Diözesen
        1. 3.2.3.1. Anfangsphase
        2. 3.2.3.2. Extremphase
        3. 3.2.3.3. Lockerungsphase
      4. 3.2.4. Gesamtbetrachtung der kirchlichen Rechtslage
  4. Staat, Kirche und die einzelnen Gläubigen
    1. 4.1. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat
    2. 4.2. Das Verhältnis zwischen Staat und Individuum
    3. 4.3. Das Verhältnis Kirche - Individuum
  5. Schlussbemerkungen

 

1. Vorbemerkung

 

Deutschland ist dafür bekannt, dass sich sein religionsrechtliches System durch die Kooperation von Staat und Religionsgemeinschaften auszeichnet, wobei das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften besonders stark ausgeprägt ist. Konkret bedeutet dies ein ernstes Bemühen, staatliches und kirchliches Recht aufeinander abzustimmen, wobei dem innerkirchlichen Recht ein weites Feld an Autonomie zukommt. Die Implikationen dieses Systems während der Coronakrise zu untersuchen, ist Thema der vorliegenden Studie.

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Die Umgangsweise Deutschlands mit der Pandemie fand internationale Beachtung. Nach einer Analyse der Deep Knowledge Group vom 12. April 2020 belegte Deutschland im internationalen "safety ranking" Platz 2 nach Israel und im Ranking "Most supportive governments" sogar Platz 1. 1 Der deutschlandweit erste Fall einer Coronainfektion wurde am 27. Januar 2020 im Freistaat Bayern bekannt. Dieses ca. 13 Mio. Einwohner zählende und damit zweitgrößte Bundesland wies in der Hauptphase der Krise die höchste Zahl an Fällen pro 100.000 Einwohner auf. 2 Bis zum 31. Mai gab es in Deutschland 8500 Todesfälle, davon in Bayern 2450. 3 Die Untersuchung konzentriert sich auf dieses Bundesland und auf die katholische Kirche, wobei Entwicklungen nach dem 31. Mai 2020 nicht mehr berücksichtigt werden konnten.

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Methodisch geht die Untersuchung so voran, dass zuerst die staatlichen (Kapitel 2) und anschließend die kirchlichen Normen (Kapitel 3) dargestellt werden, um am Ende die Wechselwirkungen zwischen beiden Bereichen aufzuzeigen (Kapitel 4). Sowohl was das staatliche als auch was das kirchliche Recht betrifft, wird zuerst die allgemeine Rechtslage, insbesondere hinsichtlich der Kompetenzverteilung und der Grundrechte, dargestellt, um anschließend zu prüfen, ob die speziell angesichts der Pandemie erlassenen staatlichen bzw. kirchlichen Normen damit übereinstimmen. Der kirchenrechtliche Teil fällt länger aus, weil die Rechtsgrundlagen in diesem Bereich weniger bekannt und klar sind als im staatlichen. Außerdem genügt im staatlichen Bereich die Darstellung eines Bundeslandes, während im kirchlichen mehrere Diözesen in Betracht kommen. Im Freistaat Bayern liegen zwei Kirchenprovinzen und insgesamt sieben Diözesen. Aus Platzgründen können nur die beiden Erzbistümer (Bamberg sowie München und Freising) und jeweils ein Suffraganbistum (Augsburg und Würzburg) untersucht werden. Das genügt, um die Vielfalt möglicher Umgangsweisen und Regelungen aufzuzeigen.

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Eine Leitfrage dieser Untersuchung besteht darin, ob kirchliche Normen im Zusammenhang mit der Pandemie bloße Reaktionen auf staatliche Maßnahmen oder vielmehr eigenständige Initiativen sind bzw. ob sie die staatlichen nur wiedergeben oder darüber hinausgehen. Eine andere Leitfrage besteht darin, ob sowohl die staatlichen als auch die kirchlichen Präventionsmaßnahmen Grundrechte der Gläubigen beeinträchtigen und welche Rechtsschutzmöglichkeiten diesen zur Verfügung stehen. Dabei geht es um das Thema, was das Zusammenwirken von Staat und Kirche für die Rechtsstellung der einzelnen Gläubigen bedeutet. Zum Beispiel argumentierte ein Gericht, dass eine Aufhebung des staatlichen Gottesdienstverbots dem Beschwerdeführer ohnehin nichts nützen würde, weil seine Religionsgemeinschaft die Gottesdienste bereits von sich aus eingestellt hat. 4 Eine Reihe kanonistischer Themen, die im Zusammenhang mit der Coronapandemie ebenfalls relevant wurden, kann in diesem Aufsatz nicht behandelt werden: Ausnahme- und Flexibilitätsbestimmungen bei den einzelnen Sakramenten, Nutzung moderner Kommunikationsmedien im Heiligungsdienst, außerliturgische Veranstaltungsverbote, Schließung kirchlicher Bildungshäuser einschließlich damit zusammenhängeder Schadensersatzfragen, arbeitsrechtliche Konsequenzen für kirchliche Bedienstete, Gremiensitzungen ohne physische Präsenz usw.

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2. Staatliches Recht

 

2.1Religionsfreiheit

 

Das staatliche Recht kennt eine Reihe von Rechtsnormen, welche die Freiheit der einzelnen Gläubigen sowie der Religionsgemeinschaften verbürgen, die Religion durch gemeinschaftlichen Gottesdienst auszuüben. Diese Normen werden mit Blick auf jene Maßnahmen dargestellt, die solche Gottesdienste angesichts der Corona-Pandemie beschränken. Art. 4 GG garantiert die Religionsfreiheit einschließlich der ungestörten Religionsausübung. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie betreffen weniger das forum internum, als vielmehr die gleichermaßen geschützte Religionsausübung, die sowohl Bestandteil der individuellen als auch der kollektiven Religionsfreiheit ist. 5

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Eine autoritative Definition von Religion würde das Grundrecht selbst einschränken. Daher definiert das Bundesverfassungsgericht Religion nicht, sondern geht vom Selbstverständnis des Grundrechtsträgers aus und beschränkt sich auf eine Plausibilitätskontrolle. 6 Da in Art. 4 keine Schranken formuliert sind, handelt es sich um ein vorbehaltloses Grundrecht. Dieses Merkmal zeichnet die Religionsfreiheit gegenüber anderen Grundrechten aus. Es gibt aber verfassungsimmanente Schranken, die sich vor allem aus dem Verhältnis zu anderen Grundrechten ergeben. 7 Im Falle einer Seuche ist besonders das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu erwähnen (Art. 2 Abs. 2 GG). 8 Um festzustellen, ob ein Grundrechtseingriff gerechtfertigt ist, wird eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt. Wenn sich ein Fall auf mehrere Grundrechte stützen lässt, überwiegt letztlich das speziellere Grundrecht bzw. dasjenige, das den stärkeren Schutz bietet. Im Falle einer religiösen Versammlung, die auf die Religionsfreiheit oder auf die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) gestützt werden könnte, genießt die Religionsfreiheit daher Vorrang. 9 Das ist zu berücksichtigen, wenn es um die Einschränkung gottesdienstlicher Versammlungen durch Corona-Präventionsmaßnahmen geht.

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Der Freistaat Bayern verfügt über eine eigene Verfassung, welche die Religionsfreiheit in Art. 107 ebenfalls garantiert. Alle Grundrechte unterliegen den allgemeinen Schranken des Art. 98. Der bayerische Verfassungsgerichtshof wendet diese Schranken aber auf die Religionsfreiheit nicht an. Dennoch erkennt er verfassungsimmanente Schranken an, die sich vor allem aus kollidierenden Grundrechten Dritter ergeben. 10 Darüber hinaus verankert die bayerische Verfassung in Art. 142 Abs. 2 ausdrücklich die Freiheit zu öffentlichen Kulthandlungen. Öffentlich sind sie dann, wenn der Zutritt nicht auf bestimmte Personen beschränkt ist. 11 Schließlich garantiert Art. 144 Abs. 1 der Verfassung zudem den Schutz der Geistlichen in der Erfüllung ihrer Amtspflichten. Hierbei handelt es sich um eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates. 12 Zu den Amtspflichten katholischer Geistlicher gehört nicht nur die Feier von Gottesdiensten, sondern auch die seelsorgliche Betreuung einzelner Gläubiger, insbesondere Alter und Kranker. Besuchsverbote in Krankenhäusern und Altenheimen behindern diese freie Amtsausübung jedoch. Derartige Verbote sollen diese Risikogruppe einerseits vor Ansteckungen schützen, enthalten ihr aber zugleich den gerade für sie wichtigen menschlichen und geistlichen Beistand vor. Sie stehen außerdem in Spannung zu Art. 140 GG i.V.m. Art. 141 WRV, wonach die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen in Krankenhäusern und sonstigen öffentlichen Anstalten zuzulassen sind, soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge besteht.

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Mit dem deutschen System der Kooperation von Staat und Kirche geht eine Reihe von Konkordaten einher, welche ebenfalls die freie Ausübung der Religion verankern. Das Reichskonkordat gewährleistet die Freiheit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen Religion (Art. 1 RK). Nach Art. 1 des bayerischen Konkordats gewährleistet der Freistaat die freie und öffentliche Ausübung der katholischen Religion (§ 1) und sichert die ungestörte Kultübung (§ 3).

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Ein Besonderheit in Deutschland ist schließlich das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften gemäß Art. 140 GG i.V. m. 137 Abs. 3 WRV13 bzw. Art. 142 Abs. 3 BayVerf. Zu den Angelegenheiten, die den Religionsgesellschaften eigen sind, gehört zweifellos die Regelungsbefugnis bezüglich der Gottesdienste einschließlich der Frage, ob, wann und in welcher Form diese stattfinden. Es wäre zu prüfen, ob die Infektionsschutzmaßnahmen ein "für alle geltendes Gesetz" darstellen, das eine Schranke für das Selbstbestimmungsrecht bilden kann. 14

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Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Deutschland an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden ist, welche die Religionsfreiheit in Art. 9 verankert.  Während Art. 15 EMRK es den Konventionsstaaten ermöglicht, im Notstandsfall ihre Verpflichtungen aus der Konvention außer Kraft zu setzen, kennt das GG keine vergleichbare Bestimmung. 15 Art. 115c Abs. 2 GG gilt nur im Verteidigungsfall und beschränkt sich auf Modifikationen einzelner Grundrechte. 16

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2.2. Rechtsnormen betreffend die Corona-Pandemie

 

Bei Epidemien ist das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG) anzuwenden. 17 § 28 erlaubt der zuständigen Behörde unter bestimmten Voraussetzungen, Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen zu beschränken oder zu verbieten. 18 Zwar wird der Begriff der Ansammlung nicht definiert, doch dürfte ein gleichzeitiger enger Kontakt zu mehreren - ab etwa fünf - Personen gemeint sein. 19 Eine Straftat - nicht bloß eine Ordnungswidrigkeit - liegt je nach Bundesland erst ab einer höheren Anzahl vor. 20

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Da es sich um ein Bundesgesetz handelt, gilt es in ganz Deutschland. 21 Die Vollziehung kommt allerdings den einzelnen Bundesländern zu. Daher unterscheiden sich die Verwaltungsakte von Land zu Land. Um dennoch eine gewisse Einheitlichkeit sicherzustellen, schloss die Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten der Länder am 16. März 2020 eine Vereinbarung angesichts der Corona-Epidemie, deren Richtlinie Nr. III lautet: "Zu verbieten sind [...] Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften." 22 Die Formulierung enthält ein sprachliches Versehen, das sich in den entsprechenden Verordnungen des Freistaats Bayern fortpflanzt. Die Rede von "anderen Glaubensgemeinschaften" würde nämlich voraussetzen, dass zuvor bereits Glaubensgemeinschaften erwähnt wurden. Solche wurden aber nicht genannt, sondern vielmehr verschiedene Typen von Kultgebäuden. Es ist nicht dasselbe, ob Zusammenkünfte von Glaubensgemeinschaften oder Zusammenkünfte in Kultgebäuden verboten sind.

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Der Freistaat Bayern ergriff im Laufe der Coronakrise eine Reihe verschiedener rechtlicher Maßnahmen. In der Anfangsphase wurden lediglich große Veranstaltungen mit mehr als 1000 bzw. 500 Teilnehmern untersagt23 und Besuchsrechte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen eingeschränkt. 24 Ein einschneidender Schritt war die Ausrufung des Katastrophenfalls durch das Innenministerium am 16. März 2020. 25 Damit wurde die Anwendung des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes (BayKSG) 26 ermöglicht. In diesem Zusammenhang wurde beschlossen, Veranstaltungen und Versammlungen landesweit zu untersagen. 27 Am 20. März erging eine Allgemeinverfügung, welche den Besuch von Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen untersagte und das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei triftigen Gründen erlaubte. 28 Ein solcher, ausdrücklich anerkannter Grund war die Begleitung Sterbender sowie Beerdigungen im engsten Familienkreis. Das Bayerische Verwaltungsgericht München stellte am 26. März jedoch fest, dass die Allgemeinverfügung die falsche Rechtsform ist, weil abstrakt-generelle Regelungen einer Rechtsverordnung bedürfen. 29 Daher wurde stattdessen am 27. März die (erste) Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) 30 erlassen. Sie enthält in § 1 Abs. 1 ein religionsrelevantes Verbot: "Veranstaltungen und Versammlungen werden landesweit untersagt. Dies gilt auch für Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften." Ob mit "Zusammenkunft" etwas Anderes gemeint ist als mit "Versammlung", geht daraus nicht hervor. Da die Verordnung nicht über ihre gesetzliche Grundlage hinausgehen darf, kann jedenfalls nichts gemeint sein, was im Umfang kleiner ist als die "Ansammlung" i.S.d. § 28 IfSG. Da diese Verordnung zum 19. April befristet war, musste für die Folgezeit eine zweite Verordnung ergehen, die im Hinblick auf die Zusammenkünfte in Kultgebäuden dieselbe Regelung enthielt. 31 Ihre Geltungsdauer endete am 3. Mai. Am 4. Mai trat die die dritte Infektionsschutzmaßnahmenverordnung32 in Kraft, welche in § 2 hinsichtlich der religiösen Versammlungen eine Lockerung brachte. Die Ausgangsbeschränkungen, die noch in § 7 der dritten Verordnung normiert wurden, entfielen in der vierten. Sie zählten den Gottesdienstbesuch zwar nicht unter den triftigen Gründen auf, die das Verlassen der eigenen Wohnung rechtfertigen, doch ergab sich die Zulässigkeit aus § 2 und die Aufzählung in § 7 war ohnehin nicht taxativ.

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Außerdem führte die vierte Infektionsschutzmaßnahmenverordnung33 medizinisch begründete Ausnahmen von der Maskenpflicht ein. § 6 betrifft Gottesdienste und Zusammenkünfte von Glaubensgemeinschaften. Das liturgische Sprechen i.S.v. Z. 2 umfasst nicht nur das Sprechen durch diejenigen, die besondere liturgische Dienste versehen, sondern jedes in den liturgischen Büchern vorgesehene Sprechen, auch das der übrigen anwesenden Gläubigen.

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§ 7 der Verordnung betrifft Versammlungen, die keine Gottesdienste und keine Zusammenkünfte von Glaubensgemeinschaften sind. Dessen Z. 5 macht die Einschränkung, dass am selben Kalendertag höchstens eine Versammlung stattfindet. Da diese Einschränkung bezüglich der Gottesdienste in § 2 nicht vorkommt, können in einer Kirche am selben Tag mehrere Gottesdienste gefeiert werden. Die Streuung der Teilnehmer auf mehrere Termine dient schließlich der Eindämmung der Ansteckungsgefahr.

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Am 29. Mai erging die Fünfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, 34 die in § 6 hinsichtlich Gottesdiensten und Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften aber keine Änderungen brachte.

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Die in diesem Abschnitt erwähnten Gesetze führen jeweils an, welche Grundrechte durch sie beschränkt werden können. 35 Dazu zählen das Recht auf körperliche Unversehrtheit, die Freizügigkeit, die Versammlungsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung, doch niemals wird die Religionsfreiheit genannt, was die Konsequenz daraus ist, dass diese durch einfaches Gesetz nicht eingeschränkt werden kann.

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Insgesamt kann der bisherige Verlauf in drei Phasen unterteilt werden: die Anfangsphase, die Extremphase ab der Ausrufung des Katastrophenfalls (16. März) und die Lockerungsphase ab der dritten Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (4. Mai).

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2.3. Judikatur zur Religionsfreiheit unter den Corona-Maßnahmen

 

Deutschlandweit liegt bereits eine Reihe von Judikaten vor, die sich mit der Frage beschäftigen, ob die staatlichen Maßnahmen die Religionsfreiheit verletzen. Die Initiative zu diesen Verfahren setzten einerseits Individuen, näherhin Katholiken, Altkatholiken, Protestanten und eine nicht näher beschriebene Person, die auf das christliche Osterfest und auf das jüdische Passah-Fest hinwies, das "nicht für alle Juden in Deutschland illegal sein" könne. 36 Andererseits handelt es sich um kleinere Gemeinschaften wie etwa ein Institut, das traditionelle Liturgie pflegt, ein ökumenisches Kloster und eine Moscheegemeinde. Die großen Kirchen als solche treten, soweit ersichtlich, nicht als Parteien auf.

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Von allen Verfahren, die bisher entschieden wurden, war nur eines erfolgreich, nämlich das eines islamischen Moscheevereins in Niedersachsen. Das Bundesverfassungsgericht setzte die entsprechende Verordnung insofern außer Vollzug, als sie es nicht ermöglicht, auf Antrag im Einzelfall Ausnahmen von dem Verbot zuzulassen. 37 Der Antragsteller wollte im Fastenmonat Ramadan in seiner Moschee das Freitagsgebet durchführen und wies auf folgende Punkte hin: Unverzichtbarkeit der physischen Teilnahme aus religiösen Gründen, besondere Bedeutung des Ramadan, kein gemeinsamer Gesang und Gebet nach den Lehren dieser speziellen islamischen Richtung, Aufteilung auf mehrere Freitagsgebete mit jeweils kleineren Gruppen, persönliche Einladung zur Vermeidung von Warteschlangen, Mund-Nasen-Bedeckung und Abstände zwischen den Personen. Nach der Einschätzung des Verfassungsgerichts muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass die zuständige Behörde einzelfallbezogen prüft, ob ausnahmsweise bei situationsbezogen geeigneten Auflagen und Beschränkungen Gottesdienste stattfinden können. Ähnliche Vorkehrungen wären ebenso bei christlichen Gottesdiensten in der Extremphase möglich gewesen und wurden in der Lockerungsphase dann tatsächlich umgesetzt. 38

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Einige andere Verfahren39 gingen einfach deswegen vorerst negativ aus, weil es sich um Eilverfahren handelte, in denen lediglich eine summarische Prüfung stattfindet. Da die dürftigen Kenntnisse über das Coronavirus noch keine Prognosen erlauben, wurde es im Rahmen einer Folgenabwägung für besser gehalten, eine Verletzung der Religionsfreiheit in Kauf zu nehmen als eine Überlastung des Gesundheitssystems. 40 Ausdrücklich wurde aber offen gelassen, dass ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren zu einem anderen Ergebnis kommen könnte. 41 Bei der Folgenabwägung wurde manchmal in Rechnung gestellt, dass die Folgen für die Religionsfreiheit überwiegend irreversibel sind, weil die Feier der Kar- und Ostertage nicht nachgeholt werden kann. 42 Wie hier ersichtlich ist, berücksichtigen die Gerichte also die Bedeutung bestimmter Formen der Religionsausübung innerhalb der betreffenden Religionsgemeinschaft. 43 Eine Irreversibilität von noch einschneidenderer Art liegt indessen vor, wenn Sterbende wegen des Besuchsverbots in Heimen und Krankenhäusern in den letzten Stunden ihres Lebens den geistlichen und sakramentalen Beistand entbehren müssen. Gerichtsentscheidungen zu diesem Problem liegen - soweit ersichtlich - nicht vor, was wohl damit zusammenhängt, dass sich der Zugang zum Gericht für diese Marginalisierten schwierig gestaltet.

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Eine in mehreren Judikaten diskutierte Frage lautet: Besteht überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Antragsteller, selbst wenn es die Verordnung nicht gäbe, gar keinen Gottesdienst besuchen könnte, weil die betreffende Religionsgemeinschaft von sich aus alle Gottesdienste abgesagt hat? Der Hessische44 und der Bayerische45 Verwaltungsgerichtshof verneinen diese Frage. Der hessische Beschluss wurde allerdings vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten, welches die entgegengesetzte Ansicht vertritt. Wenn nämlich das staatliche Verbot fiele, wäre nicht ausgeschlossen, dass wieder in weiterem Umfang Gottesdienste angeboten würden. 46 Damit dürften auch die beiden genau einen Tag davor ergangenen bayerischen Beschlüsse in diesem Punkt überholt sein. Auf die damit verbundene kirchenrechtliche Frage wird weiter unten noch einzugehen sein.

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Ein weiteres, in mehreren Judikaten auftauchendes Thema ist die Gleichbehandlung. Manche Gerichte47 argumentieren, eine Ausnahme könne nicht zugelassen werden, weil sie sonst aus Gleichheitsgründen ebenso anderen Gemeinschaften gewährt werden müsste, so dass am Ende die Verhinderung von Menschenansammlungen vereitelt würde. Auch dieses Argument dürfte inzwischen obsolet sein, zumal das Bundesverfassungsgericht in der oben genannten Entscheidung zum niedersächsischen Moscheeverein Ausnahmebestimmungen für Einzelfälle geradezu fordert.

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Als Aspekte, die für die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe sprechen, bringen die Gerichte immer wieder Folgendes vor: Gottesdienste seien nicht per se, sondern nur in öffentlicher Form verboten; sie könnten - je nach Bundesland - im Freien gefeiert oder über audiovisuelle Medien mitverfolgt werden; die Kirchen seien zum Gebet geöffnet und es verblieben andere Möglichkeiten der Religionsausübung; schließlich seien die Maßnahmen zeitlich befristet. 48 Das klingt aber eher nach Verlegenheitsaussagen, denn damit ist den einzelnen Gläubigen, die aktiv teilnehmen und ein Sakrament empfangen möchten, nicht gedient. Alternative Formen der Glaubensbetätigung - etwa die Übertragung von Gottesdiensten - vermögen die gemeinsame Feier des Gottesdienstes als zentralen Bestandteil des Glaubens nicht zu kompensieren. 49 Sofern ein Gericht meint, dass lautes Beten und Singen sowie der Austausch körperlicher Gesten beim Friedensgruß, wodurch Ansteckungen begünstigt werden, "wesentliche Elemente einer spirituellen Feier" 50 seien, unterliegt es schlechterdings einer Fehlinformation. Gesang und Friedensgruß können nämlich - zumindest was die katholische Liturgie betrifft -  ganz entfallen und das Sprechen kann gedämpft werden. Dass die Religionsfreiheit bei der Abwägung mit anderen Grundrechten nicht immer und von vornherein vorgehen muss, ist nicht zu bestreiten. 51 Wenn ein Gericht aber seelische Grundbedürfnisse im Vergleich zu Nahrungsmitteln52 als ebenfalls elementar anerkennt, dann ist nicht verständlich, warum es die strukturelle Grundentscheidung hinsichtlich der unterschiedlichen Versorgung in den beiden Bereichen nicht stärker kritisiert. 53

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Die bislang besprochene Rechtsprechung bezieht sich auf die Extremphase. In Judikaten, die sich auf Maßnahmen während der Lockerungsphase erstrecken, fällt die Folgenabwägung noch deutlicher zugunsten des Gesundheitsschutzes aus, weil Gottesdienste inzwischen unter Einschränkungen möglich sind. 54 Während Gerichte in den früheren Verfahren eine Verletzung der Religionsfreiheit für wahrscheinlich gehalten oder die Frage zumindest offen gelassen hatten, kam der Verwaltungsgerichtshof Mannheim nun zu dem Schluss, dass dieses Grundrecht aller Voraussicht nach nicht verletzt sei. 55 In der Lockerungsphase wurde auch gerichtlich vorgebracht, dass Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Gesichtsmaske tragen können, von Gottesdiensten und Verrichtungen des täglichen Lebens ausgeschlossen seien. 56 Seitdem die vierte bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung diesbezüglich aber Ausnahmen vorsieht, ist dieser Einwand gegenstandslos. 57 Die grundsätzliche Maskenpflicht auch im Rahmen von Gottesdiensten und religiösen Zusammenkünften wird als eine prinzipiell geeignete Schutzmaßnahme angesehen. 58

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2.4Stimmen aus der Rechtswissenschaft

 

Soweit Fachleute aus der Rechtswissenschaft zu dem hier behandelten Thema bereits Stellung genommen haben, lassen sich zwei Richtungen erkennen: Die eine hält die staatlichen Maßnahmen wegen des unsicheren Kenntnisstandes und der mangelnden Prognostizierbarkeit hinsichtlich des Coronavirus zumindest vorläufig für verhältnismäßig. Die andere hält sie von Anfang an für unverhältnismäßig, weil mildere, ebenso wirksame Mittel zur Verfügung stünden.

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Für Papier können keine derzeit "keine ernsthaften rechtlichen Bedenken gegen die erlassenen Maßnahmen erhoben werden", weil noch "noch kein hinreichendes Maß an Gewissheit über Inhalt und Umfang der Gefahren sowie über die Eignung und Erforderlichkeit der ergriffenen beziehungsweise alternativer Maßnahmen" 59 besteht. Schwarz erscheint es als sachgerecht, "selbst bei einer unsicheren Eintrittswahrscheinlichkeit wegen der Gefahr gravierender Schäden von der Verhältnismäßigkeit entsprechender staatlicher Schutzmaßnahmen auszugehen" 60. Heinig hält die Regelungen, wenn sie mit Augenmaß angewendet werden, für verhältnismäßig, zumal nur Zusammenkünfte untersagt sind, während es den Religionsgemeinschaften frei steht, "weiter öffentlich zu wirken, Seelsorge zu betreiben und auch Kultushandlungen durchzuführen" 61.

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Demgegenüber fordert Lepsius eine strenge Limitierung der Mittel, eine Pflicht zu ihrer Überprüfung anhand der sich durch Zeitablauf verbessernden Tatsachenkenntnis und eine ständige Suche nach milderen Mitteln. 62 Insbesondere fragt er, warum sich Gottesdienste nicht unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen organisieren ließen und warum es dafür an hohen Feiertagen keine Ausnahme geben könnte. 63 Peglau bezweifelt, ob das Verbot religiöser Zusammenkünfte überhaupt mit der Religionsfreiheit vereinbar ist, wo doch Zusammenkünfte jedenfalls für das Christentum essentiell sind. 64 Nach der Einschätzung Benders spricht viel dafür, dass die Verbotsregelungen mit ihrer Rigidität im Lichte des Art. 4 Abs. 1f. GG verfassungswidrig sind. 65  Für Hillgruber gibt es auch so etwas wie eine spirituelle Grundversorgung, ein Totalverbot von Gottesdiensten, das "die Kultusfreiheit in ihrem Kern trifft, [könne] eigentlich schwerlich verfassungskonform sein und länger Bestand haben." 66

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Neben dem Thema der Verhältnismäßigkeit und der milderen Mittel wird außerdem die Abwägung zwischen den Art. 4 und 2 GG diskutiert. Lepsius stellt klar, dass Eingriffszweck nicht pauschal die Gesundheit sein kann, sondern nur die Vermeidung der Überforderung des Gesundheitssystems. 67 Ferner tadelt er, dass Gesundheit und Systemrelevanz über die individuellen Freiheiten gestellt wurden. 68 Wie Bender betont, ist zwischen Art. 2 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 1f. GG a priori keine Hierarchie ersichtlich, zumal die erstgenannte Bestimmung unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt steht, während die zweite vorbehaltlos gewährleistet ist. 69 Er wünscht sich "eine freiheitsorientierte Sensibilität der Normsetzer und Behörden dafür, dass religiös-kultische Handlungen wie das Eucharistieopfer oder das Freitagsgebet für Teile der Bevölkerung zur spirituellen ,Grundversorgung' zählen und als solche durchaus ,systemrelevant' sind" 70.

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Die hier zitierten Stellungnahmen von Rechtsgelehrten beziehen sich auf die Maßnahmen in der Extremphase der Coronakrise. Die Forderung nach Ausnahmebestimmungen wurde in den neuen Regelungen der Lockerungsphase weitgehend erfüllt.

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3. Kirchliches Recht

 

Nachdem bislang die Seite des staatlichen Rechts betrachtet wurde, ist nun die Seite des kirchlichen Rechts zu beleuchten. Das deutsche Recht erkennt die Freiheit der Kirche an, ihre Angelegenheiten selbstständig zu ordnen und zu verwalten (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen (Art. 1 Reichskonkordat, Art. 1 § 2 Bayerisches Konkordat). Dieses Selbstbestimmungsrecht der Kirche sowie das Verbot der Staatskirche Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV) implizieren, dass es der Kirche zukommt eigenständig Normen zu setzen. 71 Vor der Untersuchung der kirchlichen Normen, welche direkt auf die Covid-19-Pandemie eingehen, sind die allgemeinen Voraussetzungen für den Erlass solcher Normen darzustellen. Dabei geht es um die folgenden Fragen: Wem kommen die entsprechenden Legislativkompetenzen zu, welche Verwaltungsakte kommen in Betracht und inwiefern sind innerkirchliche Grundrechte zu achten?

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3.1Rechtslage im Allgemeinen

 

3.1.1. Gesetzgebungskompetenzen

 

Welcher kirchliche Gesetzgeber ist für den Erlass von Normen zuständig, welche die Ordnung des Heiligungsdienstes in Zeiten der Covid-19-Pandemie regeln? Der Papst besitzt die höchste und volle Gewalt über die Gesamtkirche (c. 331 CIC). Dem Diözesanbischof kommt in der ihm anvertrauten Diözese alle Gewalt zu, die zur Ausübung seines Hirtendienstes erforderlich ist (c. 381 § 1 CIC). 72 Im Hinblick auf die Teilkirchen haben der Papst und der Diözesanbischof grundsätzlich dieselben Kompetenzen, so dass ein System konkurrierender Kompetenzen besteht. 73 In diesem System hat der Papst aber insofern eine Vorrangstellung, als er auch über alle Teilkirchen und deren Verbände einen Vorrang ordentlicher Gewalt besitzt (c. 333 § 1 CIC). Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip, das eines der Leitprinzipien für die Codexreform74 war, und gemäß dem Dezentralisierungsprogramm, das Papst Franziskus75 forciert, darf die übergeordnete Ebene eine Aufgabe erst übernehmen, wenn die untergeordnete damit überfordert ist. Im Zweifel spricht die Vermutung für die Gesetzgebungsbefugnis des Diözesanbischofs. 76 Diese erschöpft sich, wie Art. 67 lit. b Apostolorum successores betont, keineswegs in der Bekräftigung oder örtlichen Anwendung der auf höheren Ebenen erlassenen Normen, sondern erstreckt sich auch auf die Regelung jedes pastoralen Gegenstandes auf der diözesanen Ebene. Die bisherige Erfahrung in der Zeit der Pandemie zeigt, dass sich der Apostolische Stuhl mit der Rechtsetzung eher zurückhielt, während die deutschen Bischöfe von ihrer Kompetenz mehr oder weniger intensiv Gebrauch machten.

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Die Pandemie zeigt Auswirkungen besonders im Bereich des Heiligungsdienstes. Diesbezüglich kommt die Normsetzung gemäß c. 838 CIC dem Apostolischen Stuhl, den Bischofskonferenzen und dem Diözesanbischof zu. Die Normsetzungsbefugnis des Letzteren im Bereich der Liturgie wird in § 4 ausdrücklich verankert. Die Bischöfe werden vom Kirchenrecht vor allem als Leiter, Förderer und Wächter des gesamten liturgischen Lebens gesehen (c. 835 § 1 CIC), die durch die Ausspendung der Geheimnisse Gottes ständig darauf hinarbeiten, dass die Gläubigen durch die Feier der Sakramente in der Gnade wachsen und so das österliche Geheimnis erkennen und leben (c. 387 CIC). In der Zeit der Pandemie wurde wohl keine andere Möglichkeit gesehen, als anstelle des Förderns und Wachsens, der Feier mit den Gläubigen und des Begehens der österlichen Geheimnisse vielmehr Einschränkungen, Verbote und nicht-öffentliche Feiern zum Gegenstand der diözesanen Normen zu machen. Doch auch dafür bietet der CIC eine Grundlage, denn nach c. 841 i.V.m. c. 838 § 4 CIC steht den Diözesanbischöfen die Entscheidung darüber zu, was für die Erlaubtheit zur Feier, zur Spendung und zum Empfang der Sakramente und was zu der bei ihrer Feier einzuhaltenden Ordnung gehört. Zweck dieses Canons ist die Bestimmung, dass die Festlegung von Gültigkeitsvoraussetzungen der höchsten kirchlichen Autorität vorbehalten ist, während die Festlegung von Erlaubtheitsvoraussetzungen auch den Diözesanbischöfen zukommt. Dass es sich hierbei um eine Kompetenzverteilungsregel handelt, wird durch ihre Herkunft aus der Lex ecclesiae fundamentalis77 bestätigt. In der Tat bleiben die bischöflichen Normen, die angesichts der Pandemie ergingen, auf der Ebene der Erlaubtheit, indem sie hauptsächlich Verbote und Beschränkungen erlassen, ohne im Falle des Zuwiderhandelns eine Ungültigkeitssanktion auszusprechen. Je nach Diözese reichen sie aber, was Verbote betrifft, mitunter sehr weit, indem sie nahezu alle sakramentalen Feiern unter Anwesenheit einer größeren Zahl von Gläubigen einstellen. So weitgehende Einschränkungen dürfte der Gesetzgeber von 1983 kaum im Auge gehabt haben. Daher stellt sich die Frage, ob c. 841 CIC eine umfassende Verbotskompetenz enthält bzw. wo ihre Grenzen liegen.

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Der Verweis des c. 841 auf c. 838 CIC macht deutlich, dass die besagte Kompetenz den Diözesanbischöfen nur "innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit" (§ 4) bzw. "nach Maßgabe des Rechts" (§ 1) zukommt. 78 Mit diesen Vorbehalten wird im Bereich des Heiligungsdienstes das aufgegriffen, was c. 135 § 2 CIC als allgemeine Regel ausdrückt: 79 Ein untergeordneter Gesetzgeber kann ein höherem Recht widersprechendes Gesetz nicht gültig erlassen. 80 Was bedeutet das im Hinblick auf die Pandemie-Normen? Wann liegt ein Widerspruch zu höherem Recht81 vor? Rehak zufolge "wäre die Gesetzgebungskompetenz des Diözesanbischofs gem. 838 § 4 CIC insoweit bereits erloschen, als die fragliche Materie bereits im kodikarischen Recht oder durch sonstige, auch die jeweilige Ortskirche betreffende Normsetzungen des Apostolischen Stuhls geregelt ist" 82. Die Wahl des Konjunktivs "wäre" an dieser Stelle könnte andeuten, dass eine solche Kompetenzüberschreitung unwahrscheinlich erscheint oder dass ein gewisses Unbehagen verspürt wird, wenn die Diözesanbischöfe selbst angesichts der akuten Notlage keine von höherem Recht abweichenden Normen erlassen könnten. Rehak geht in seinem Essay diesem Problem nicht weiter nach. Bisher wurde in der Kanonistik festgehalten, dass die bischöfliche Kompetenz im Bereich der Erlaubtheitsvoraussetzungen gemäß c. 841 CIC über das hinausgeht, was in einer Reihe von Einzelbestimmungen den Diözesanbischöfen zugewiesen wird. 83 Diese Einzelbestimmungen verdeutlichen, was c. 841 CIC ausdrückt, aber der Anwendungsbereich dieses Canons erschöpft sich nicht in ihnen. 84 Das ist eine Konsequenz des Wechsels vom Konzessions- zum Reservationssystem, denn die Kompetenz des Diözesanbischofs erstreckt sich auf alles, was nicht einer anderen Autorität vorbehalten ist (c. 381 § 1 CIC). 85 Andererseits wurde in der Kanonistik festgestellt, dass auf dem Gebiet des Heiligungsdienstes schon so viel durch höheres Recht geregelt ist, dass den Diözesanbischöfen keine großen Gesetzgebungsfelder mehr verbleiben. 86 Wenn aber c. 841 CIC eigens als Kompetenzregel für die Rechtsetzung der Diözesanbischöfe in den CIC/1983 aufgenommen wurde, muss ihm eine Bedeutung zukommen, die über das hinausgeht, was schon in anderen Normen festgelegt ist. Der Zweck dieses Canons liegt in der Festlegung, dass die Diözesanbischöfe keine irritierenden und inhabilitierenden Gesetze erlassen können, sehr wohl aber verbietende.

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Ein Widerspruch läge gewiss dann vor, wenn ein Diözesanbischof als Gesetzgeber etwas erlaubte, was im höheren Recht verboten ist. Sonst würden sich die bekannten Diskussionen um die Kommunionzulassung erübrigen. Eine andere Frage ist, ob der Diözesanbischof zusätzliche Verbote erlassen kann, denn darum geht es gerade in den Vorschriften zur Covid-19-Pandemie. Zusätzliche Regelungen sind möglich, solange die Materie im höheren Recht nicht zur Gänze geregelt ist. 87 So ist weithin anerkannt, dass partikularrechtlich sogar neue Straftatbestände eingeführt werden können. Wenn eine bestimmte Handlung nur deswegen frei steht, weil der höhere Gesetzgeber von einer Regelung abgesehen hat, wird in einem diözesanen Verbot kein Widerspruch zu erblicken sein. Wenn eine Handlung im höheren Recht hingegen ausdrücklich erlaubt oder als subjektives Recht verankert ist - wie es sich bei der Option für die Mundkommunion88 verhält -, stünde ein diözesanes Verbot im Widerspruch dazu. 89 Gesetzgebungsbefugnisse des Diözesanbischofs bestehen außerdem dort, wo es um Ausführungsbestimmungen zu universalem Rahmenrecht oder um dispositive Normen geht, 90 doch kommt diesen Befugnissen im Bereich des Heiligungsdienstes keine große Bedeutung zu. Eine Grenze für das Universalkirchenrecht liegt ferner darin, dass es die potestas propria des Diözesanbischofs nicht so weit aushöhlen darf, dass der göttlich-rechtliche Kern dieses Amtes verletzt wäre. 91 Abgesehen davon, dass diese Grenze nicht justiziabel ist, scheint sie von dem hier interessierenden Thema ohnehin nicht berührt zu sein.

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Die Gesetzgebungskompetenz des Diözesanbischofs erstreckt sich unzweifelhaft auf all das, was im höheren Recht ungeregelt ist. 92 Nun könnte vorgebracht werden, dass die Materie "Katastrophenmanagement" oder "Epidemieprävention" bisher nicht Gegenstand umfassender universalkirchlicher Regelungen war, so dass die Zuständigkeit jedenfalls bei den Diözesanbischöfen liegt. Zudem spricht das Subsidiaritätsprinzip für das Tätigwerden auf der diözesane Ebene, weil die medizinischen Erfordernisse und die staatlich-rechtlichen Vorgaben regional sehr unterschiedlich sind. So richtig das ist, muss aber bedacht werden, dass die Zuständigkeit auch für diese neue Gesetzgebungsmaterie ihre Grenze an c. 135 § 2 CIC findet. Das Kirchenrecht kennt kein generelles Notverordnungsrecht für Diözesanbischöfe im Krisenfall. Dass sich der universalkirchliche Gesetzgeber bisher trotz akuten Regelungsbedarfs - mit den noch zu besprechenden Ausnahmen - sehr zurückgehalten und in die bischöfliche Normsetzung soweit ersichtlich allenfalls durch Ermahnungen eingegriffen hat, spricht für die These, dass er sich die genannte Materie im Sinne der Dezentralisierung nicht vorbehalten will.

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Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Diözesanbischöfe eine Rechtsetzungsbefugnis im Bereich des Heiligungsdienstes besitzen, welche Einschränkungen und Verbote einschließt, aber nur so weit reicht, wie sie höherem Recht nicht widerspricht. Jedenfalls besteht ihre Kompetenz in den Angelegenheiten, die der CIC ihnen ausdrücklich zuweist.

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Indessen sind bei der Gesetzgebung nicht nur die materielle Kompetenz, sondern ebenso die formalen Vorgaben zu beachten. 93 Legislative Akte im eigentlichen Sinn, also Gesetze (c. 7 CIC) oder allgemeine Dekrete (c. 29 CIC), können auf der diözesanen Ebene nur vom Diözesanbischof selbst erlassen werden (c. 391 § 2 CIC). Anordnungen von Generalvikaren können keine Gesetze sein. Selbst wenn sie nur administrativer Art sind - etwa allgemeine Durchführungsverordnungen (c. 31 CIC) oder Instruktionen (c. 34 CIC) -, können sie sich nicht auf die Grundlage des c. 841 i.V.m. c. 838 § 4 CIC stützen, weil an dieser Stelle nur der Diözesanbischof erwähnt ist, es sei denn dieser hätte ein Spezialmandat erteilt (vgl. c. 134 § 3 CIC). 94 Angesichts der Covid-19-Pandemie griffen Generalvikare gelegentlich auf das Instrument der Dienstanweisung und pastoral gehaltener Informationsschreiben zurück. 95

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Gesetze bedürfen der Promulgation (c. 7 CIC). Von diesem Konstitutivelement96 kann nicht einmal in Notlagen abgesehen werden. Für dringende Fälle, wie sie während einer Pandemie vorliegen, trifft c. 8 § 2 CIC jedoch insofern Vorsorge, als die Legisvakanz entfallen und als Promulgationsorgan die Internetseite des Bistums fungieren kann, so dass das Gesetz sofort in Kraft tritt. Dennoch muss auch diese Promulgationsweise Datum und Urheber des Rechtsakts zu erkennen geben und zudem wäre die Angabe der Rechtsgrundlage wünschenswert. 97 Die Mitteilung durch den Generalvikar oder die Pressestelle, der Diözesanbischof habe einen Rechtsakt erlassen, genügt nicht. Was die Art der Rechtsnorm betrifft, hängt diese nicht von der Selbstbezeichnung ab, sondern davon, was sie der Sache nach ist. 98 Wenn ein Dokument mit dem Titel "allgemeines Dekret" unter anderem Einzelverwaltungsakte wie Dispensen enthält - gleich ob sie als solche bezeichnet werden oder nicht -, sind die betreffenden Passagen als Einzelverwaltungsakte zu behandeln. Das ist besonders für die Rechtsschutzmöglichkeiten relevant, weil sich hierarchische Rekurse nur gegen Einzelverwaltungsakte richten können (c. 1732 CIC). Sonst hätte der Normsetzer es in der Hand, durch eine willkürliche Bezeichnung Rechtsschutzmöglichkeiten zu vereiteln. Außerdem kann der Diözesanbischof Befreiungen von einem universalkirchlichen Gesetz nur in der Form einer Dispens (c. 87 § 1 CIC) und damit nur einzelfallbezogen erteilen. Würde er dasselbe durch das legislative Mittel eines allgemeinen Dekrets zu regeln versuchen, handelte es sich um einen Widerspruch zu höherem Recht gemäß c. 135 § 2 CIC.

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3.1.2. Zuständigkeit für Einzelverwaltungsakte

 

Um die Rechtslage an die Erfordernisse einer Pandemie anzupassen, können auch Einzelverwaltungsakte ein geeignetes Mittel darstellen. Gegenüber legislativen Akten haben sie manche Vorteile, aber auch Nachteile. Ein Vorteil liegt gewiss darin, dass ihr Urheber keine potestas legislativa, sondern nur potestas administrativa benötigt und diese auch delegiert werden kann.

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Andererseits ist zu beachten, dass sich Einzelverwaltungsakte per definitionem immer nur auf Einzelfälle beziehen. Sie können keine generell-abstrakten Normen beinhalten, wie sie in Zeiten einer Pandemie mitunter erforderlich wären. Das kirchliche Recht unterscheidet sich hierin nicht so sehr vom staatlichen Recht, wo das analoge Problem vom Verwaltungsgericht München behandelt wurde. 99 Allerdings kann ein Einzelfall nach der kanonistischen Tradition auch "multiplex cum tractu successivo" 100 sein, d.h. dass sich ein Einzelverwaltungsakt auf mehrere Subjekte und auf mehrere aufeinanderfolgende Fälle beziehen kann. Aber auch hier muss, damit es sich noch um einen Einzelverwaltungsakt handelt, das Kriterium der Singularität erfüllt sein, d.h. die Adressaten oder die Fälle müssen konkret und bestimmt sein. Baura, Canosa und Miras nennen als Beispiel dafür ausgerechnet eine Katastrophe, 101 die als Einzelereignis Anlass für Einzelverwaltungsakte sein kann, selbst wenn sich diese auf die gesamte Diözese und auf eine Reihe von Sonntagen beziehen.

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Für Einzelverwaltungsakte gilt das Legalitätsprinzip, wenngleich dieses im Kirchenrecht weniger strikt ausgestaltet ist als im staatlichen. So müssen sie zwar nicht direkt aufgrund, aber doch im Rahmen der Gesetze ergehen (vgl. c. 135 § 4 CIC) und dürfen einem Gesetz keinesfalls widersprechen. 102 Einzelverwaltungsakte eines Dikasteriums der Römischen Kurie, die ein Gesetz verletzen, können vor der Apostolischen Signatur angefochten werden (Art. 123 § 1 PastBon). Das Einzeldekret fällt mit dem Gesetz, zu dessen Ausführung es erlassen wurde, hinweg (c. 58 § 1 CIC). Somit bieten auch Einzelverwaltungsakte, insbesondere Einzeldekrete, grundsätzlich keine Möglichkeit, vom allgemeinen Recht abweichende Anordnungen zu erlassen. Die Gesetzesgebundenheit ist für das Dekret (c. 48: secundum iuris normas) und den Verwaltungsbefehl (c. 49: legitime) ausdrücklich normiert. 103 Insbesondere muss das praeceptum singulare, mit dem individuell bestimmten Personen auch eine Unterlassung auferlegt werden könnte, gemäß c. 49 CIC legitime ergehen, d.h. entsprechend den geltenden Zuständigkeits- und Verfahrensregeln, und darf nicht gegen das objektive Recht verstoßen. Zwar bedarf es im Kirchenrecht keines speziellen Gesetzes - etwa eines kanonischen Katastrophengesetzes -, auf das Einzelverwaltungsakte sich stützen, doch dürfen sie Gesetzen nicht widersprechen. 104 Sie sind daher keine geeigneten Mittel, um universalkirchliches Recht, das in der Krisenzeit unangemessen erscheint, abzuändern.

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Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der in Reskriptform ergehenden Dispensen und Privilegien (c. 59 § 1 CIC). Hier gilt gerade nicht, dass sie höherem Recht nicht widersprechen dürften, sondern sie enthalten typsicherweise Ausnahmen davon. Da sie nämlich der Anpassung des allgemeinen Rechts an besondere Situationen dienen, könnten sie in solchen Situationen von speziellem Interesse sein, in denen das allgemeine Recht unpassend erscheint. So spielen Dispensen - wie etwa jene von der Sonntagspflicht - eine wichtige Rolle in Pandemiezeiten. Allerdings wird damit nicht alles erreicht, was die kirchliche Autorität möglicherweise für nötig hält. Ein Reskript muss nämlich einen für den Adressaten begünstigenden Inhalt (c. 59 § 1 CIC: "gratia") aufweisen, der allenfalls an Auflagen und Bedingungen geknüpft werden kann (c. 39 CIC). Verbote und Rechtsbeschränkungen lassen sich mit Reskripten folglich nicht verhängen. Wenn die Einschränkung des Eintritts in das Kirchengebäude (c. 1221 CIC) oder der Zulassung zur Kommunion (c. 912 CIC) euphemistisch als "Dispens" 105 bezeichnet wird, ist das ein Zeichen für das Dilemma, eine passende Rechtsform zu finden. Die Befreiung von der Sonntagspflicht (c. 1247 CIC) ist zwar eine typische Dispens, sie tilgt aber nur die Pflicht, nicht auch das Recht zum Besuch der Sonntagsmesse. Niemand ist gehalten, von einem Reskript Gebrauch zu machen (c. 71 CIC). Falls sich eine kirchliche Autorität gezwungen sieht, außerdem das Recht zu beschneiden, erweist sich die Dispens als ungeeignetes Mittel.

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Das Privileg geht inhaltlich insofern über die Dispens hinaus, als es nicht nur eine Befreiung von einer gesetzlichen Verpflichtung, sondern dauerhaft positives Ausnahmerecht praeter oder sogar contra legem schafft. 106 Dennoch eignet es sich ebenso wenig zur Schaffung von Sonderrecht in der Situation einer Pandemie, weil sein Inhalt, wie der Name "Privileg" schon sagt, in einer Begünstigung bestehen muss. Abgesehen davon setzt die Gewährung eines Privilegs potestas legislativa voraus und der Diözesanbischof kann im Verhältnis zum Universalkirchenrecht nur ergänzende, aber keine widersprechenden Privilegien gewähren. 107

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Außer der Dispens kennt das Kirchenrecht noch eine Reihe anderer Flexibilisierungsinstrumente wie z.B. aequitas canonica und Epikie, die dazu dienen, das generell geltende Recht an Sondersituationen anzupassen. Manche allgemeinen Gesetze mögen in einer Krisensituation unbillig erscheinen, so dass sich das Instrument der kanonischen Billigkeit als Behelf nahelegt. Dieses muss nicht zu einer Milderung, sondern kann auch zu einer Verschärfung des Gesetzes führen, 108 wie sie angesichts einer Pandemie erwünscht sein mag. Allerdings schafft die aequitas canonica kein gegengesetzliches Recht, sondern erklärt das Gesetz im Geist der Billigkeit und hilft allenfalls bei der Lückenschließung (c. 19 CIC).

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Unter Epikie versteht die Kanonistik die aufgrund außerordentlicher Umstände des Einzelfalls von der Einzelperson zu treffende Gewissensentscheidung, der zufolge das Gesetz für sie hier und jetzt nicht verbindlich sei. 109 Sie beruht auf dem Gedanken, das mangelhafte Recht so zu verbessern, wie es der Gesetzgeber selbst getan hätte, wenn er den konkreten Fall vorausgesehen hätte. 110 Gewiss hat der Gesetzgeber die Coronapandemie nicht vorausgesehen und in seinen Gesetzen keine Vorsorge getroffen. Allerdings besteht die Epikie in einer individuellen Gewissensentscheidung und ist kein Instrument der Rechtssetzung. Außerdem liegt das Ziel der Flexibilisierungsmethoden darin, von einem rechtskonformen Verhalten abzusehen, wo dies für die Rechtsunterworfenen untunlich wäre. Soweit die Rechtsadressaten aber ohnehin zu einem rechtskonformem Verhalten bereit sind, gibt es keinen Anlass, sie anzuwenden.

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3.1.3. Sonderbestimmungen im Sakramentenrecht

 

Das Ziel des vorliegenden Aufsatzes besteht zwar nicht in einer Analyse des Sakramentenrechts, sondern der Rechtsetzungskompetenzen und der Grundrechte im Hinblick auf Pandemiemaßnahmen. Soweit für diese Ziele aber einzelne Bestimmungen des Sakramentenrechts aufschlussreich sind, sollen sie in diesem Abschnitt angesprochen werden.

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Nicht wenige der Regelungskompetenzen, die Bischofskonferenzen und Diözesanbischöfen ausdrücklich zugewiesen sind, können in Pandemiezeiten relevant werden. Hinsichtlich der Bischofskonferenzen sind zu erwähnen: Kriterien für die Generalabsolution (c. 961 § 2 CIC), Bestimmungen über den Beichtstuhl (c. 964 § 2 CIC), Bestimmungen über Fasten und Abstinenz (cc. 1251 und 1253 CIC). Den Diözesanbischöfen kommen mehr Kompetenzen zu: Taufe in Privathäusern und im Krankenhaus (c. 860 CIC), Erlaubnis von Bination und Trination (c. 905 CIC), Mitführen der eucharistischen Gestalten (c. 935 CIC), Entfall der Fronleichnamsprozession (c. 944 § 1 CIC), Regelung von Bittprozessionen (c. 944 § 2 CIC), Generalabsolution bei schwerem Notstand (c. 961 § 2 CIC), Ordnung der Dispensvollmacht für Buß- und Feiertage (c. 1245 CIC) sowie die Regelung von Wortgottesdiensten (c. 1248 § 2 CIC).

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Darüber hinaus kennt das Sakramentenrecht Bestimmungen für besondere Situationen, zu deren Anwendung keine Ausführungsbestimmungen des Partikulargesetzgebers erforderlich sind. Drei dieser Bestimmungen, die bei Pandemien relevant sein können, werden im Folgenden untersucht.

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Nach c. 843 § 1 CIC, der das Spiegelbild zum Grundrecht gemäß c. 213 CIC darstellt, dürfen geistliche Amtsträger Sakramente aus drei Gründen verweigern: ungelegene Bitte, fehlende Disposition und rechtliche Hinderung. Da diese Tatbestandsmerkmale die Ausübung von Rechten einschränken, sind sie eng zu interpretieren (vgl. c. 18 CIC). 111 Die fehlende Disposition bezieht sich auf die subjektive Haltung bzw. den Zustand des Empfängers und kommt daher von vornherein für keine objektive, generell bestehende Situation in Betracht. Ob eine Bitte gelegen ist, hängt der kanonistischen Fachliteratur zufolge von Ort und Zeit ab. 112 So kann ein Priester die für Karsamstag erbetene Hochzeit auf Ostermontag verlegen. 113 Ein mehrere Wochen anhaltender, äußerer Umstand fällt aber wohl nicht unter das Tatbestandselement "ungelegen" ("inopportune"), wenn man die Wertungen hinsichtlich einer "vertretbaren Wartezeit" berücksichtigt, die der Gesetzgeber bei einzelnen Sakramenten selbst vornimmt: Kinder sind innerhalb der ersten Wochen zu taufen (c. 867 § 1 CIC); die Noteheschließung ist bereits dann gerechtfertigt, wenn vernünftigerweise vorauszusehen ist, dass ein Monat lang keine trauungsbefugte Person herbeigeholt werden kann (c. 1116 § 1 ° 2 CIC). Somit bleibt noch das Tatbestandsmerkmal der rechtlichen Hinderung. Dieses wird in der Kanonistik auf rechtliche Barrieren bezogen, die in der Person des Empfängers liegen wie etwa eine Exkommunikation, mangelnde communio plena, Ehehindernisse usw. 114 Das ist im Wortlaut von c. 843 § 1 CIC dadurch begründet, dass Subjekt von "prohibeantur" die potentiellen Empfänger ("iis, qui") sind. Auch hier ist also kein Raum für generelle, äußere Umstände und vor allem umfasst "iure ... prohibeantur" keine vom Staat erlassenen Verbote. 115

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Der zweite hier zu untersuchende Canon ist c. 906 CIC, der es Priestern erlaubt, aus einem gerechten und vernünftigen Grund das eucharistische Opfer ohne Teilnahme irgendeines Gläubigen zu feiern. Diese Ausnahmebestimmung steht in einer Spannung zur Konzilslehre von der participatio actuosa (Art. 26 SC) und zu c. 837 CIC, wonach die liturgischen Handlungen keine privaten Handlungen darstellen (§ 1), sondern nach Möglichkeit unter zahlreicher und tätiger Beteiligung der Gläubigen zu vollziehen sind (§ 2). Lüdecke bemerkt nicht ohne kritischen Unterton, dass der Priester sowohl Christus als auch die Gemeinde repräsentiert. 116 Für die in der Extremphase der Coronapandemie ohne Beteiligung des Volkes zu feiernden Messen erweist sich c. 906 CIC aber geradezu als willkommener Notbehelf. Das Kirchenrecht stellt keine hohen Anforderungen an einen "gerechten und vernünftigen Grund" 117, so dass die Versammlungsverbote während der Pandemie zweifellos darunter fallen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass bei den Messen, die in der Extremphase hinter verschlossenen Türen gehalten wurden, außer dem Priester gewöhnlich doch einzelne liturgische Dienste anwesend waren.

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Der dritte im Zusammenhang mit der Pandemie interessante Canon ist c. 1248 § 2 CIC, der Hinweise für den Fall gibt, dass die Teilnahme an einer Eucharistiefeier nicht möglich ist. Die Gläubigen sollen dann an einem Wortgottesdienst teilnehmen, oder sich eine entsprechende Zeit lang dem persönlichen Gebet oder dem Gebet in der Familie oder gegebenenfalls in Familienkreisen widmen. Das Gebet war neben Video- und Audioübertragungen das, was den Gläubigen während des Versammlungsverbots in der Extremphase verblieb. Die Möglichkeit des Wortgottesdienstes ohne Eucharistiefeier wurde von der Diözese Würzburg noch in der Lockerungsphase eine Weile praktiziert. Bemerkenswert ist, dass die Quelle von c. 1248 § 2 CIC, nämlich Art. 37 Inter Oecumenici118, sonntägliche Wortgottesdienste nur bei Priestermangel ins Auge fasste, während nach der kodikarischen Bestimmung, die erst in der letzten Überarbeitungsphase eingefügt wurde, 119 auch ein "anderer schwerwiegender Grund" in Betracht kommt. 120 Dieser redaktionelle Entschluss erweist sich angesichts der Pandemie als klug, denn sie erfüllt dieses Merkmal zweifellos, obwohl an eine "gravis causa" höhere Anforderungen zu stellen sind als an eine "iusta ac rationabilis causa". 121 Wenn nicht der Priestermangel, sondern ein anderer Grund die Ursache für den Wortgottesdienst bildet, ist keineswegs ausgeschlossen, dass Vorsteher ein Priester ist. Nun darf c. 1248 § 2 CIC aber nicht missverstanden werden. Er enthält nämlich nur eine Erlaubnis für die Gläubigen, die Teilnahme an einer Eucharistiefeier durch andere Formen zu ersetzen, nicht jedoch eine Legitimationsgrundlage für die kirchliche Autorität, Eucharistiefeiern flächendeckend und für längere Dauer auszusetzen. Entsprechende Erlasse können sich also nicht auf diese Norm stützen.

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Insgesamt lässt sich im Sakramentenrecht die folgende gesetzgeberische Grundausrichtung erkennen: Einschränkungen des Empfangs von Sakramenten werden i.d.R. an subjektive in der Person des potentiellen Empfängers gelegene Gründe geknüpft. Wenn hingegen objektive äußere Umstände oder eine generell bestehende Situation, die als "Notlage" oder "physische bzw. moralische Unmöglichkeit" bezeichnet wird, den Empfang verhindern, ist der Gesetzgeber eher bereit, auf formale gesetzliche Anforderungen zu verzichten, als dass die Gläubigen das Sakrament entbehren müssten. 122 Dabei gibt es für Pandemien keine Sonderbestimmungen. Ein Blick in die Geschichte der Kirche, die mehrere große Seuchen erlebte und überlebte, zeigt, dass der seelsorgliche und sakramentale Beistand in solchen Zeiten sogar besonders bekräftigt wurde. 123 Ohne die Ansteckungsgefahr zu unterschätzen, wurde die Bedeutung der Sakramente gerade in solchen Krisenzeiten sowohl für Kranke und Sterbende als auch für Gesunde noch höher eingestuft. Prosper Lambertini, der spätere Papst Benedikt XIV. (1740-1758), ließ keinen Zweifel an der Pflicht der Bischöfe, den Pestkranken die Sakramente zu spenden und spitzte noch zu: "quapropter Episcopo, Parochoque id onus relinquitur, ut proprii muneris officia per se ipsos obeant, suamque vitam pro concreditarum sibi animarum bono in discrimen adducant." 124 Dies war zu einer Zeit, als in der Kanonistik noch niemand von einem Grundrecht auf Sakramentenempfang sprach.

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3.1.4. Grundrechte

 
3.1.4.1. Allgemein
 

Selbst wenn Kompetenzen und Zuständigkeiten, wie sie in den vorangegangenen Abschnitten dargestellt wurden, vorliegen, bedeutet das nicht, dass sie beliebig ausgeübt werden könnten. Insbesondere dürfen dadurch keine Grundrechte verletzt werden. Obwohl der Katalog der Pflichten und Rechte aller Christgläubigen (cc. 208-223 CIC125) entgegen der ursprünglichen Entwürfe nicht die Bezeichnung "Grundrechte" verwendet, kann dieser Begriff im Kirchenrecht sinnvoll angewandt werden, 126 sofern man sich der Unterschiede gegenüber den Grundrechten im staatlichen Bereich bewusst bleibt. 127 Diese Unterschiede sind vor allem formaler Art. Die Rechtsordnungen moderner Staaten kennen nämlich einen Stufenbau. Das Verfassungsrecht ist höherrangig, während das einfache Gesetzesrecht von niedrigerem Rang ist und dem Verfassungsrecht, zu dem auch die Grundrechte gehören, nicht widersprechen darf. Das Kirchenrecht kennt diese Abstufung nicht. In materieller Hinsicht handelt es sich bei den kanonischen Grundrechten aber ebenso um fundamentale Rechtspositionen, die zentrale Werte und Güter verankern. Sofern sie in der menschlichen Würde gründen, sind sie naturrechtlicher Art; sofern sie in der Taufe gründen, sind sie dem positiven göttlichen Recht zuzuzählen. Das rein kirchliche Recht ist diesen beiden Kategorien nach kanonistischem Verständnis untergeordnet und darf ihnen nicht widersprechen. In diesem Sinne kennt also auch das Kirchenrecht eine Abstufung. 128

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Die Unterschiede zwischen dem kirchlichen und dem staatlichen Recht bringen außerdem mit sich, dass die Grundrechtsjudikatur nicht so umfangreich und die Grundrechtsdogmatik weniger ausgefeilt ist. Dennoch lassen sich die Elemente der Grundrechtsprüfung, die aus dem staatlichen Recht bekannt sind, in Grundzügen und mit den nötigen Anpassungen auch im Kirchenrecht ausmachen: 129 Zuerst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt in den Anwendungsbereich eines Grundrechts fällt, und anschließend, ob die Maßnahme der kirchlichen Autorität einen Eingriff in dieses Grundrecht darstellt. Wird dies bejaht, ist weiter zu untersuchen, ob der Eingriff gerechtfertigt werden kann. Dazu bedarf er einer Rechtsgrundlage und muss ein legitimes Ziel mit solchen Mitteln verfolgen, dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Trifft dies nicht zu, so liegt eine Grundrechtsverletzung vor.

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3.1.4.2. Anwendungsbereich
 

Beschränkungen bei Feier und Empfang von Sakramenten, wie sie in den kirchlichen Normen betreffend die Covid-19-Pandemie häufig vorkommen, fallen in den Anwendungsbereich des Rechts der Gläubigen, aus den geistlichen Gütern der Kirche, insbesondere dem Wort Gottes und den Sakramenten, Hilfe von den geistlichen Hirten zu empfangen (c. 213 CIC). 130 Erfasst ist nicht nur die Mitfeier von Gottesdiensten mit der Gemeinde in der Kirche, sondern auch der geistliche und sakramentale Beistand für Kranke und Sterbende, die in Heimen, Krankenhäusern oder zu Hause abgesondert sind. Die besondere Aufmerksamkeit der Kirche für diese Randgruppe findet in jenen Canones speziellen Ausdruck, die ihr aus c. 213 CIC hervorgehendes Recht durch korrespondierende Pflichten der Spender konkretisieren: cc. 911 § 2, 921, 986 § 2, 1003 § 2 CIC. 131 Die von c. 213 CIC ebenfalls umfasste Wortverkündigung ist von den Präventionsmaßnahmen weniger beeinträchtigt, weil sie keine physische Präsenz voraussetzt. Die Verkündigung über moderne Kommunikationsmedien erlebte in der Extremphase sogar einen Aufschwung.

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Soweit Schutzmaßnahmen die Gestaltung von Feier und Empfang modifizieren, könnte auch das Recht auf den eigenen Ritus und die eigene Spiritualität (c. 214 CIC) betroffen sein. Die folgende Untersuchung beschränkt sich aber auf c. 213 CIC. Wenn in diesem Zusammenhang verkürzend von einem "Recht auf Heilsgüter" gesprochen wird, ist kein "Recht auf Gnade" gemeint. Die Gnade entzieht sich dem Recht. Genaugenommen ist Gegenstand des besagten Rechts nur das Handeln der Kirche, mit dem sie das entsprechende Gut vermittelt. 132

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3.1.4.3. Eingriff
 

Sakramente und andere geistliche Güter der Kirche sind bereits vom Wortlaut erfasst, so dass der Anwendungsbereich dieses Grundrechts zweifellos gegeben ist. Ein Eingriff liegt aber nur vor, wenn die betreffende Maßnahme der kirchlichen Autorität zurechenbar ist. Bei staatlichen Vorschriften trifft dies nicht zu. Ihre eventuelle Grundrechtswidrigkeit wäre am Maßstab des vom Staat anerkannten Grundrechts der Religionsfreiheit zu prüfen. Handelt es sich aber um eine von einer kirchlichen Autorität eigenständig angeordnete Maßnahme, so liegt ein Eingriff vor, falls die grundrechtlich gewährleistete Position in irgendeiner Weise eingeschränkt wird. Bei der bloßen Verschiebung von Gottesdienstzeiten, wie sie in manchen Pfarreien während der Lockerungsphase vorgenommen wurde, ist dies nicht der Fall. Sehr wohl liegt eine Einschränkung aber dann vor, wenn die physische Präsenz bei liturgischen Feiern sowie der Sakramentenempfang unterbunden sind. Sind diese Ausübungsformen völlig verunmöglicht und dauert dieser Zustand durch längere Zeit an, so liegt überdies ein schwerer Eingriff vor. Die zeitliche Befristung der Maßnahmen mindert zwar die Eingriffsintensität, doch die wiederholte Verlängerung erhöht sie. 133 Wegen der Irreversibilität ist die Eingriffsintensität außerdem erhöht, wenn es um Sterbende geht, die zudem kaum eine Möglichkeit haben, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.

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3.1.4.4. Schranken
 

Eingriffe können aber gerechtfertigt sein, denn Grundrechte gelten in der Regel nicht schrankenlos. Daher ist zu untersuchen, wo die Schranken des in c. 213 CIC verbürgten Grundrechts liegen. In der ursprünglichen, in c. 24 Schema PopDei134 enthaltenen Fassung, war dem Grundrecht ein einfacher Rechtsvorbehalt ("iuxta iuris praescripta") beigefügt, so dass Eingriffe auf jegliche Rechtsvorschriften hätten gestützt werden können. Dieser Vorbehalt wurde aber bewusst gestrichen, um das Grundrecht nicht über Gebühr einzuschränken. 135 In der heute geltenden Version enthält der Wortlaut von c. 213 CIC im Unterschied zu anderen Grundrechten keinen Vorbehalt. Das ist bei der Prüfung einer Verletzung zu berücksichtigen. 136

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Das bedeutet indessen nicht, dass das Recht des c. 213 CIC schrankenlos gewährleistet wäre, denn c.  223 CIC legt Schranken fest, die sich auf den gesamten Katalog und somit auch auf c. 213 CIC beziehen. 137 Dabei geht es im ersten Paragraphen von c. 223 CIC darum, was die Gläubigen bei der Ausübung ihrer Rechte selbst berücksichtigen müssen, während der zweite Paragraph Regelungen durch die kirchliche Autorität behandelt. Für die im vorliegenden Aufsatz interessierende Frage, ob Maßnahmen der kirchlichen Autorität grundrechtskonform sind, ist also der zweite Paragraph einschlägig, denn sie müssen die hier festgelegten Voraussetzungen erfüllen.

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3.1.4.5. Rechtsgrundlage
 

Damit ein Grundrechtseingriff gerechtfertigt ist, bedarf er einer Rechtsgrundlage. Gemäß c. 135 CIC ist die gesetzgebende, die richterliche und die ausführende Gewalt auf die im Recht vorgeschriebene Weise auszuüben. Hat die kirchliche Autorität außerhalb ihrer Kompetenz (siehe oben Abschnitt 3.1.1) gehandelt, so lässt sich der Eingriff von vornherein nicht rechtfertigen. Gemäß c. 223 § 2 CIC kann die kirchliche Autorität die Ausübung der Rechte regeln. Sie kann die Rechte selbst aber nicht entziehen. 138 Entsprechend der Interpretation des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte (PCLT) ist "moderari" i.S.v. "regeln" oder "ordnen" durch generelle Normen zu verstehen. 139 Es muss sich also um keine Gesetze im förmlichen Sinn, 140 aber um generell-abstrakte Normen handeln. 141 In diesem Zusammenhang ist wichtig zu sehen, dass c. 223142 § 2 CIC selbst noch keine unmittelbare Rechtsgrundlage für Eingriffe darstellt, sondern nur die Ermächtigung beinhaltet, Regelungen zu erlassen, auf deren Grundlage dann Eingriffe erfolgen können. 143 Andernfalls könnte jeder beliebige Eingriff direkt auf c. 223144 § 2 CIC gestützt werden. Das PCLT erklärte, dass c. 223 § 2 CIC eine Ermächtigung enthält, die Ausübung der Rechte durch Vorschriften generellen Charakters zu regeln, nicht jedoch die Rechtausübung im Einzelfall zu beschränken. 145 Für die Maßnahmen im Rahmen der Covid-19-Pandemie bedeutet dies, dass c. 223 § 2 CIC selbst noch keine Rechtsgrundlage für Einzelverwaltungsakte darstellt, 146 sondern zuvor eine generelle Norm als Grundlage notwendig ist. Aber auch für solche generellen Normen bietet c. 223 § 2 CIC keine unbegrenzte Ermächtigungsgrundlage, denn wie das PCLT weiter fortfährt, befreit c. 223 § 2 CIC nicht von Grenzen, welche die höhere Autorität gesetzt hat. 147 Mit anderen Worten: c. 223 § 2 CIC ermächtigt zwar auch den untergeordneten Gesetzgeber, die Ausübung der Rechte mit generellen Normen zu regeln, jedoch nicht in einer Weise, die höherem Recht widerspricht, denn c. 135 § 2 CIC ist weiterhin zu beachten. 148 Die Regelung des c. 223 § 2 CIC setzt die Zuständigkeit der handelnden Autorität nämlich bereits voraus und begründet sie nicht. 149

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Eine solche Norm allein genügt aber noch nicht zur Rechtfertigung des Eingriffs, denn c. 223 § 2 CIC enthält keinen einfachen Gesetzesvorbehalt, wie er ursprünglich in c. 24 Schema PopDei vorgesehen gewesen wäre. Nicht jegliche Regelung kann einen Eingriff rechtfertigen, sondern nur eine solche, die einem bestimmten legitimen Zweck dient, der in c. 223 § 2 CIC genannt ist, nämlich dem Gemeinwohl. Dieses ist nicht nur Grundlage und Kriterium für die Regelungstätigkeit der kirchlichen Autorität, sondern gleichzeitig ihre Grenze. 150

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3.1.4.6. Legitimes Eingriffsziel
 

Der Schutz der öffentlichen Gesundheit als legitimes Ziel erscheint im kirchlichen Bereich selbstverständlich, zumal das Zweite Vatikanische Konzil zur Einhaltung gesellschaftlicher Vorschriften mahnte, die zum Schutz der Gesundheit aufgestellt wurden (Art. 30 GS). 151 Indessen ist es alles andere als leicht, einen Anknüpfungspunkt für dieses Ziel im Kirchenrecht zu finden. Während c. 223 § 2 CIC mit dem Gemeinwohl (bonum commune) 152 nur ein legitimes Eingriffsziel nennt, erwähnt c. 223 § 1 CIC drei: das Gemeinwohl der Kirche (bonum commune Ecclesiae), die Rechte anderer und die eigenen Pflichten. Der Unterscheid zwischen den beiden Paragraphen lässt sich aus der Textentstehung erklären. C. 223 CIC hat als Quelle Art. 7 DH, 153 welcher die Schranken der Religionsfreiheit im staatlichen Recht behandelt - ein weiteres Argument für eine Grundrechtsprüfung in Analogie zum staatlichen Recht. 154 Nun beruht der erste Paragraph des c. 223 CIC auf Art. 7 Abs. 2 DH, der bereits die Rechte anderer und die eigenen Pflichten einschloss, während der zweite Paragraph auf Art. 7 Abs. 3 DH beruht, der dies nicht tat. Das Gemeinwohl fand sich in beiden Absätzen des Art. 7 DH und meinte das Gemeinwohl in der Gesellschaft schlechthin, denn schließlich ging es um ein Grundrecht der staatlichen Rechtsordnung. Bei der Übernahme in das Kirchenrecht, wurde es für erforderlich gehalten, das Gemeinwohl durch die Beifügung "Ecclesiae" auf die Kirche zu beziehen. 155 Diese Einfügung erfolgte jedoch nur in § 1, nicht in § 2.

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Diese Nuancen im Text haben zwei Auslegungsmöglichkeiten für den Begriff "bonum commune" im zweiten Paragraphen zur Folge. Die erste Möglichkeit deutet "bonum commune" als Gemeinwohl schlechthin, so dass sich darunter ohne weiteres auch das Gemeinwohl der Gesellschaft subsumieren lässt. Davon wäre die öffentliche Gesundheit mitumfasst, so dass die Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems ähnlich wie im staatlichen Recht als Eingriffsziel in Betracht käme. Für diese Deutung sprechen der reine Wortlaut, der die Beifügung "Ecclesiae" nicht enthält, sowie die textgenetische Herkunft aus Art. 7 DH. Nach der zweiten Auslegungsmöglichkeit meint "bonum commune" hingegen auch im zweiten Paragraphen wie im ersten das "bonum commune Ecclesiae". Es würde sich dann nur um ein stilistisch verkürztes Aufgreifen dieses längeren Ausdrucks handeln. Für diese Variante spricht die kontextuelle Auslegung im Zusammenhang der beiden Paragraphen sowie die Absicht, den Text bei der Übernahme aus Art. 7 DH in den kirchlichen Bereich zu übersetzen. Dieser Auslegung scheint das PCLT zu folgen, indem es erklärt, dass der Sinn des c. 223 § 2 CIC darin besteht, die Anerkennung der Rechte der Gläubigen mit dem Gemeinwohl der Kirche in Einklang zu bringen. 156 Wenn sich das Eingriffsziel aber auf das Gemeinwohl der Kirche beschränkt, wird es schwierig, die weite Deutung aufrechtzuerhalten, zumal Rechtseinschränkungen eng auszulegen sind (c. 18 CIC). Angesichts der Sorge, die aus dem staatlichen Recht stammende Schrankenklausel an das kirchliche anpassen zu müssen, wurde wohl übersehen, dass die Ausübung kirchlicher Grundrechte auch mit dem staatlichen Gemeinwohl interferieren und Personen betreffen kann, die der Kirche gar nicht angehören - eine Tatsache, die während der Covid-19-Pandemie mehr als deutlich wurde.

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Das Gemeinwohl der Kirche ist mit dem weltlichen Gemeinwohl weder identisch noch einfach dessen Transformation in die religiöse Sphäre, sondern auf das Leben in der Communio durch das Wort Gottes und die Feier der Sakramente bezogen. 157 Das Gemeinwohl im staatlichen Bereich ist "die Gesamtheit jener Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens, die sowohl den Gruppen als auch deren einzelnen Gliedern ermöglichen, die eigene Vollendung voller und leichter zu erreichen" (Art. 26 Abs. 1 GS). Das entbindet die staatliche Autorität nicht von der Pflicht, dem Menschen alles zugänglich zu machen, was er für ein wirklich menschliches Leben braucht - einschließlich der Gesundheitsvorsorge (Nr. 1908 KKK). Demgegenüber ist das Gemeinwohl der Kirche "die Gesamtheit der sozialen Bedingungen, die den Gläubigen - als Gruppen wie auch als Individuen - ermöglichen, die Heiligkeit leichter und voller zu erreichen" 158. Es ist auf das Seelenheil ausgerichtet, obwohl es sich darin nicht erschöpft. 159  Das Einzelwohl und das Gemeinwohl der Kirche lassen sich nicht so leicht trennen. 160 Insofern das Gemeinwohl der Kirche die Sakramentalität der kirchlichen Communio selbst einschließt und diese sich wiederum in der Feier der Einzelsakramente manifestiert, lässt sich die länger dauernde Unterbrechung derselben161 durch das Gemeinwohl der Kirche nicht nur nicht rechtfertigen, sondern steht ihm entgegen.

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Ein Ausweg könnte darin zu finden sein, statt dem Gemeinwohl der Kirche die Rechte anderer als legitimes Eingriffsziel heranzuziehen. 162 Dazu böte sich wie in der staatlichen Ordnung das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit an, mit dem eine Abwägung vorgenommen werden könnte. Ein Problem besteht allerdings darin, dass das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit im kirchlichen Grundrechtskatalog nicht vorkommt, obwohl dieser sonst auch rein natürliche Grundrechte wie den Schutz des guten Rufes (c. 220 CIC) enthält. Das verwundert, zumal das kirchliche Lehramt nicht müde wird, das Recht auf Leben ad extra zu verteidigen. 163 Leben und körperliche Unversehrtheit werden zwar in den cc. 1397f. CIC geschützt, aber eben als strafrechtliche Schutzgüter, nicht als subjektive Rechte. Trotzdem steht im kirchlichen Bereich außer Zweifel, dass sie als ungeschriebene natürliche Rechte zu berücksichtigen sind. Ein zweites Problem besteht allerdings darin, dass nur der erste Paragraph von c. 223 CIC, nicht jedoch der zweite die Rechte anderer als legitimes Ziel erwähnt. Zu beachten ist jedoch, dass es neben den ausdrücklich erwähnten externen Schranken auch interne gibt, die vom göttlichen Recht konstituiert werden. 164 Als naturrechtliches Grundrecht ist das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit auf jeden Fall dem ius divinum zuzuordnen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass angesichts der unsicheren Interpretation des Gemeinwohls zumindest dieses Recht als legitimes Eingriffsziel herangezogen werden kann. 165

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3.1.4.7. Verhältnismäßigkeit
 

Selbst wenn der Eingriff ein legitimes Ziel verfolgt, muss er deswegen noch nicht gerechtfertigt sein. Nicht nur die Ausübung der Rechte unterliegt Schranken, sondern auch die Eingriffe selbst. In der weltlichen Grundrechtsdogmatik wird von Schranken-Schranken gesprochen. Gemäß der Note des PCLT bestehen diese im göttlichen Recht - in Analogie zum staatlichen Recht ließe sich hier von einer Art unantastbarem Wesenskern der Grundrechte sprechen - und in Grenzen, die von der höheren Autorität gesetzt wurden. 166 Aber auch wenn der Wesenskern nicht berührt ist, bleibt zu prüfen, ob die Maßnahme in Bezug auf das legitime Eingriffsziel verhältnismäßig ist. Es wäre nämlich denkbar, dass dieses Ziel ebenso gut mit einer milderen Maßnahme oder einem geringeren Eingriff erreicht werden könnte. Erweist sich der Eingriff als nicht geeignet oder als nicht erforderlich, 167 um das Ziel zu erreichen, so ist er nicht gerechtfertigt. 168 Die Schwere des Eingriffs muss in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des Ziels stehen. Je schwerer der Eingriff ist, desto wichtiger muss das damit verfolgte Ziel sein. Dabei ist im kirchlichen Bereich das Grundrecht gemäß c. 213 CIC gewiss nicht weniger stark zu gewichten als die Religionsfreiheit im staatlichen Bereich. Da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch im Kirchenrecht gilt, 169 ist hier ebenfalls zu prüfen, ob unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen mildere Mittel zur Verfügung stünden. Kaum zu rechtfertigen scheinen Einschränkungen, die nicht einmal aus der Sicht des staatlichen Rechts verlangt werden. In diesen Fällen müsste die kirchliche Autorität überzeugend begründen, warum sie zu einer für die Religionsausübung nachteiligeren Abwägung kommt als die staatliche Autorität. Indessen liegt die Sachkompetenz für die Einschätzung des Gesundheitsrisikos aber wohl eher bei den staatlichen Behörden, insbesondere bei den Gesundheitsämtern.

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Folgendes Beispiel dient der Veranschaulichung. Für eine Trauung in der ordentlichen kanonischen Form bedarf es fünf Personen: Brautpaar, zwei Trauzeugen und die trauungsbefugte Amtsperson (c. 1108 § 1 CIC). Je nach Bundesland fällt diese Anzahl noch nicht unbedingt unter das Versammlungsverbot. Bei audiovisuell übertragenen Gottesdiensten waren inklusive Kamerateam gewöhnlich mehr als fünf Personen anwesend. Daher ist nicht nachvollziehbar, warum Trauungen ausnahmslos um Wochen und Monate verschoben werden mussten. 170 Wenn eine trauungsbefugte Person voraussichtlich einen Monat lang nicht ohne schweren Nachteil herbeigeholt werden kann, ist bereits die Voraussetzung für die Noteheschließung gemäß c. 1116 § 1 ° 2 CIC erfüllt. An dieser Bestimmung ist erkennbar, dass der universalkirchliche Gesetzgeber offenbar eine andere Gewichtung vornimmt, die auf einen möglichst uneingeschränkten Zugang zum Sakrament auch unter widrigen Umständen abzielt. Wenn objektive Umstände - bisher wurde weniger an Epidemien, sondern an Priestermangel und die geographische Lage gedacht - der Sakramentenspendung entgegenstehen, impliziert c. 213 CIC für die kirchliche Autorität eine Pflicht, Formen und Wege zur Ermöglichung zu suchen. 171

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3.1.5. Rechtsschutz

 

Den Gläubigen steht es zu, ihre Rechten geltend zu machen und vor der zuständigen kirchlichen Behörde zu verteidigen (c. 221 § 1 CIC). Das gilt ebenso in Bezug auf die Rechte im sakramentalen Bereich. 172 Gegen Einzelverwaltungsakte kann der hierarchische Rekurs eingelegt werden. Dazu muss der Rekurrent zuerst bei der Autorität, die den Akt erlassen hat, innerhalb von zehn Tagen ab Bekanntgabe die Rücknahme oder Abänderung beantragen (c. 1734 § 1 CIC). Weist die Autorität den Antrag ab oder ändert sie den Akt innerhalb von dreißig Tagen nicht (c. 1735 CIC), so kann hierarchischer Rekurs an die übergeordnete Verwaltungsbehörde eingelegt werden (c. 1737 CIC). Der Leiter des Dikasteriums kümmert sich um eine "zügige Bearbeitung" 173. Wenn es um Liturgie geht, ist das in der Regel die Gottesdienstkongregation (Art. 61f. PastBon). Voraussetzung für den Rekurs ist, dass sich der Rekurrent durch ein Dekret beschwert fühlt (c. 1737 CIC). Eine Beschwer liegt auf jeden Fall vor, wenn Rechte im Bereich des Heiligungsdienstes beschnitten wurden. Hierarchischer Rekurs kann auch gegen Reskripte eingelegt werden (c. 1737 CIC), die zwar an sich begünstigend sind, aber Nachteile für Dritte mit sich bringen könnten. Was Rekurse gegen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie betrifft, können wegen der längeren Verfahrensdauer noch keine Entscheidungen bekannt sein. In der Vergangenheit zeigte sich, dass die Gottesdienstkongregation das Grundrecht auf die Heilsgüter - etwa bei der Befugnis zur Firmspendung174 - durchaus ernst nimmt, und einem Diözesanbischof bereits in einem Fall eine Firmung auftrug, die er zuvor verweigert hatte. 175

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Angesichts der Covid-19-Pandemie ist allerdings zu beachten, dass diese Behörde bereits selbst dekretierte, dass die Liturgie in der Heiligen Woche ohne Teilnahme des Volkes zu feiern ist, sofern es staatliche Restriktionen gibt. 176 Daher dürfte sie in Bezug auf dieses Thema nicht unvoreingenommen sein. In einer ähnlichen Konstellation stellte der oberste kirchliche Gerichtshof, die Apostolische Signatur, fest, dass es keinen echten Rekurs gab, weil die Ämter des Gesetzgebers und des Richters vermischt wurden. 177

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Falls die Kongregation in ihrer Entscheidung dem Rekurs nicht stattgeben sollte, kann dagegen ein verwaltungsgerichtlicher Prozess bei der Apostolischen Signatur angestrengt werden. In bisherigen Fällen war c. 213 CIC vor allem dann relevant, wenn es um die Auflösung von Pfarreien oder die Profanierung von Kirchen ging. Die Signatur stellte aber fest, dass die Ausübung des Rechts gemäß c. 213 CIC nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist, so dass es nicht verletzt ist, insofern eine andere Pfarrei bzw. eine andere Kirche zur Verfügung stehen. 178 Eine derartige Ausweichmöglichkeit besteht aber gerade nicht bei Maßnahmen anlässlich der Pandemie, die zwar zeitlich befristet, aber flächendeckend sind. 

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Partikulare Gesetze und allgemeine Dekrete, die von Gesetzgebern unterhalb der höchsten Autorität erlassen wurden, können vom PCLT auf Antrag der Betroffenen daraufhin überprüft werden, ob sie mit den gesamtkirchlichen Gesetzen übereinstimmen oder nicht (Art. 158 PastBon). Diese Vorgangsweise ist also dann angebracht, wenn das Gesetz eines untergeordneten Gesetzgebers i.S.d. c. 135 § 2 CIC gesamtkirchlichem Recht widerspricht. Aufgabe des PCLT ist es, den Widerspruch festzustellen. Das Gesetz selbst ist schon wegen der irritierenden Wirkung des c. 135 § 2 CIC ungültig. Von manchen Autoren wird bei Verstößen gegen c. 213 CIC auch eine direkte Klage auf dem ordentlichen Gerichtsweg erwogen (c. 1400 § 1 ° 1 CIC), aber nicht weiter vertieft. 179

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Kein prozessuales Instrument zum Rechtsschutz, aber ein Mittel, um Einwände vorzubringen, ist das Petitionsrecht gemäß c. 212 § 2 CIC. 180 Das verpflichtet die kirchliche Autorität zwar nicht zu einer bestimmten Erledigung, doch sollen die Hirten die Eingaben der Laien aufmerksam in Erwägung ziehen (Art. 37 Abs. 3 LG). Im Zusammenhang mit Anspruchsnormen - im Bereich der Sakramentenspendung sind cc. 213 und 843 CIC zu nennen - kann sich daraus sehr wohl eine Gewährungspflicht der kirchlichen Autorität ergeben. Aus den Medien ist bekannt, dass sich Gläubige während der Covid-19-Pandemie wiederholt an Bischöfe gewandt haben. Leider zeugt es nicht von einer ausgeprägten Rechtskultur in der Kirche, wenn dies als Störung empfunden wird. In Wirklichkeit ist es Ausdruck einer achtbaren und rechtlich geschützten Sehnsucht nach Heilsgütern.

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Was den Rechtsschutz insbesondere im Vergleich mit dem staatlichen Recht betrifft, zeigt sich, dass im Kirchenrecht eine Art Eilantrag fehlt. Zwar bestehen Rechtsschutzinstrumente, doch die lange Verfahrensdauer macht den Nutzen für die Gläubigen zunichte, wenn es etwa darum geht, die Teilnahme an der bevorstehenden Osterliturgie oder den Sakramentenempfang vor dem nahenden Tod zu sichern. Eine weitere Unzulänglichkeit des hierarchischen Rekurses besteht darin, dass er sich an eine übergeordnete Verwaltungsbehörde richtet, die eventuell selbst schon in die Sache involviert war. Die Trennung von Normsetzung und Rechtsprechung durch eine Verwaltungsgerichtsbarkeit auf der unteren Ebene erweist sich damit zum wiederholten Mal als wünschenswert.

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3.2. Spezielle Normen angesichts der Coronapandemie

 

3.2.1Universalkirche

 

Auf der universalkirchlichen Ebene wurden rechtliche Regelungen von zwei Einrichtungen der Römischen Kurie erlassen: der Gottesdienstkongregation und der Apostolischen Pönitentiarie.

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Die Gottesdienstkongregation erließ am 19.03.2020181 und am 25.03.2020182 Dekrete mit dem Titel "In time of Covid-19". Formal handelt es sich um allgemeine Dekrete im Sinne des c. 29 CIC, die einem Gesetz gleichkommen und von der Kongregation mit päpstlichem Mandat erlassen wurden (vgl. Art. 18 PastBon). Das jüngere bezeichnet sich als "Aktualisierung" des älteren, impliziert also, dass die ältere nicht mehr aktuell ist. Das ist zwar keine juristische Ausdrucksweise, scheint aber eine Derogation zu meinen (vgl. c. 20 CIC), zumal die Materie neuerlich umfassend geordnet wird. Auch die Tatsache, dass das neue Dekret denselben Titel trägt und beinahe dieselbe Struktur aufweist, spricht dafür, dass es das alte nicht ergänzen, sondern ersetzen soll. Diese kurzfristige Änderung ist auf Rückmeldungen von Bischofskonferenzen zurückzuführen. 183

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Das Thema beider Dekrete ist vor allem die Feier der Karwoche zwischen Palmsonntag und Ostersonntag. Darüber hinausgehende Bestimmungen zur Feier der Eucharistie und anderer Sakramente enthalten die Dekrete nicht. Trotz weitgehend wörtlicher Übereinstimmung gibt es bemerkenswerte Unterschiede. Nach dem ersten Dekret sollen Bischöfe im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz Regelungen treffen. Dieser Passus fehlt im zweiten, was im Hinblick auf örtliche Anpassungen bedauerlich ist. Ebenso entfiel das Verbot des Osterfeuers in der Osternacht, dessen Zusammenhang mit der Ansteckungsgefahr aber ohnehin nicht erkennbar war. 184 Entfallen ist ferner die Aufforderung an die Diözesanbischöfe, Entscheidungen für Klöster, Seminare und Ordensgemeinschaften zu treffen. Stattdessen werden die erwähnten Einrichtungen und Gemeinschaften nun direkt zur Befolgung des zweiten Dekretes verpflichtet. Das führte zu einem Verbot, die Osternacht in Kloster- oder Seminarkirchen zu feiern, sofern diese nicht zufällig gleichzeitig Pfarrkirchen sind. 185 Der Sinn dieser Konsequenz ist nicht erkennbar, zumal die besagten Gemeinschaften ohnehin Hausgemeinschaften sind, so dass sich die Ansteckungsgefahr durch die Feier nicht erhöht. Wie verschiedene Videoübertragungen beweisen, hielten sich mehrere Klöster in Deutschland ohnehin nicht an diese Vorgabe. Eine andere Frage ist, welche kirchliche Autorität überhaupt befugt ist, Vorschriften für Religioseninstitute zu erlassen, doch würde dies das Thema des vorliegenden Aufsatzes überschreiten.

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Die gravierendste Anordnung ist jedenfalls in beiden Dekreten gleich: "Da das Datum von Ostern nicht verlegt werden kann, sollen die Bischöfe und Priester in den von der Krankheit betroffenen Ländern, in denen es Beschränkungen für Versammlungen und Bewegungen von Menschen gibt, die Riten der Karwoche ohne die Teilnahme des Volkes und an einem geeigneten Ort feiern, wobei Konzelebration und Friedensgruß vermieden werden sollen." Mit anderen Worten: Selbst wenn ein Staat nur gewisse Beschränkungen, aber kein vollständiges Verbot hinsichtlich Versammlungen und Bewegungen von Menschen erlassen hat, dürfen die Riten der heiligen Woche nicht unter Teilnahme des Volkes gefeiert werden. Hinter dieser Anordnung wird die Haltung sichtbar, sich an staatliche Vorgaben nicht nur zu halten, sondern darüber hinaus zu gehen, indem bloße Einschränkungen, gleich wie gering sie sind, in vollständige Verbote umgewandelt werden. Solch eine Einstellung findet sich auch in einzelnen deutschen Diözesen wieder, wie in den folgenden Abschnitten dargestellt wird.

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Im Unterschied dazu erweist sich die Note der Apostolischen Pönitentiarie als Beispiel für Gradualität und Kontextualität. 186 Sie betrifft das Bußsakrament. 187 Je nach der Schwere der Epidemie und der regionalen Situation sieht das Dokument verschiedene Mittel vor: Generalabsolution, Einzelbeichte unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen, Einsetzung außerordentlicher Krankenhausgeistlicher und die Begierdebeichte mit vollkommener Reue. Die Spezifizierung wird den Diözesanbischöfen überlassen, welche die lokalen Bedürfnisse und Möglichkeiten besser einschätzen können. Als Ziel werden das Heil der Seelen und das Bemühen hervorgehoben, möglichst vielen Menschen, besonders Kranken und Sterbenden, geistlichen Beistand zu garantieren. Dieselbe Haltung, trotz der widrigen Umstände das Möglichste zu tun, zeigt sich zudem in einem Dekret der Apostolischen Pönitentiarie bezüglich Ablässen. 188 Diese werden unter anderem jenen gewährt, die sich nach dem Vorbild des Barmherzigen Samariters dem Risiko der Ansteckung aussetzen, sowie jenen, denen es im Augenblick des Todes nicht möglich ist, das Sakrament der Krankensalbung und des Viatikums zu empfangen.

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3.2.2. Katholische Kirche in Deutschland

 

Die Deutsche Bischofskonferenz verfügt nur über wenige rechtliche Kompetenzen, erfüllt aber eine wichtige Funktion bei der Koordinierung der deutschen Diözesen, indem sie Richtlinien und Empfehlungen veröffentlicht. Schon in der Anfangsphase der Krise erließ sie ein Dokument. 189 Damals genügten noch geringe Maßnahmen, wie z.B. Achtsamkeit bei Weihwasser und Konzelebration, Händewaschen bei liturgischen Diensten, keine Mundkommunion, Verzicht auf körperlichen Kontakt beim Friedensgruß, keine Gottesdienstteilnahme bei Ansteckungsverdacht usw. Das Dokument schließt mit der Bemerkung: "Im kirchlichen Bereich soll im Hinblick auf das neue Virus verantwortlich gehandelt, aber eine überzogene Ängstlichkeit vermieden werden."

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In der Extremphase der Krise formulierte die Bischofskonferenz eine besondere Karfreitagsfürbitte für die von der Krise Betroffenen190 und erzielte eine Einigung bezüglich der Verwertungsrechte von Musikwerken, wenn Gottesdienste über das Internet übertragen werden. 191 Da in Deutschland aufgrund der Bevölkerungsverteilung die Ökumene einen hohen Stellenwert genießt, verfasste die katholische, evangelische und die orthodoxe Kirche ein gemeinsames Wort. 192  Darin erklären sie, sich konsequent an die staatlichen Vorgaben halten zu wollen. Sie gestehen, dass es ihnen schwer gefallen ist, alle öffentlichen Gottesdienste auszusetzen. Mit dieser Aussage geben sie aber zu erkennen, dass sie selbst es waren, die die Gottesdienste aussetzten. Ferner deuten sie eine Güterabwägung an zwischen den "unabdingbaren" gemeinsamen Gebeten und Gottesdiensten und dem notwendigen Verzicht darauf, um die Pandemie einzugrenzen.

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Im Hinblick auf die Lockerungsphase hielt die Bischofskonferenz ihre Position in einem Dokument193 fest, das als Grundlage für ein Gespräch mit dem Bundesministerium des Inneren am 17. April 2020 diente. Beispielsweise drückte sie ihre Erwartung aus, dass das öffentliche Gottesdienstleben sehr bald wieder schrittweise ermöglicht wird, und lehnte den Ausschluss älterer Personen ab. Dem Sonntagsgottesdienst maß sie erste Priorität bei. Außerdem stellte sie in diesem Dokument fest, dass das Verbot öffentlicher Gottesdienste speziell zu Ostern tief in die Religionsfreiheit eingriff. Am 24. April gab die Bischofskonferenz den Diözesen Empfehlungen zur Feier der Liturgie für den Fall, dass die staatlichen Vorschriften dies wieder zulassen. 194 Obwohl die Bischofskonferenz nur Koordinierungsfunktion hat, gehen die Regelungen ins Detail. Zum Beispiel wird empfohlen, die Kommunion mit einer Zange zu reichen. In den Bestimmungen der bayerischen Diözesen, die im Folgenden untersucht werden, findet sich dieser Vorschlag aber nicht mehr.

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3.2.3Bayerische Diözesen

 
3.2.3.1. Anfangsphase
 

Die Anfangsphase ist von dem Grundsatz geprägt, nicht-liturgische Veranstaltungen eher abzusagen, 195 die liturgischen Feiern aber mit Modifikationen und Einschränkungen möglichst aufrechtzuerhalten. 196 Sonntagsmessen wurden auf 100 Teilnehmer beschränkt, 197 Taufen und Trauungen wurden verschoben. 198 Die Beichte wurde vom Beichtstuhl in größere Räume verlegt, um einen größeren Abstand einzuhalten. 199 Gleichzeitig wurde von der Pflicht, die Sonntagsmesse zu besuchen (c. 1247 CIC), dispensiert, 200 damit sich niemand verpflichtet fühlt, sich einem Ansteckungsrisiko auszusetzen. Ausdrücklich wurde festgehalten, dass diese Anweisungen die Folge staatlicher Vorschriften sind und angepasst werden, wenn jene sich ändern. 201

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Aus diesem Rahmen fällt allerdings die Erzdiözese München und Freising. Der Erzbischof erließ bereits am 13. März ein allgemeines Dekret, mit dem er alle öffentlichen Gottesdienste absagte. 202 Das geschah zu einem Zeitpunkt, als es von staatlicher Seite noch kein entsprechendes Verbot gab, und selbst der Katastrophenfall wurde erst am 16. März ausgerufen. Daher stellt sich die Frage, ob dieses Dekret noch als bloße Reaktion auf staatliche Maßnahmen gesehen werden kann oder nicht vielmehr als darüber hinaus gehende selbstständige Anordnung der kirchlichen Autorität betrachtet werden muss. Für die erste Hypothese spricht der Wortlaut: "Ich sage ab." Absagen ist kein hoheitlicher Akt. Jeder private Veranstalter kann und muss infolge rechtlicher Verbote Veranstaltungen absagen. Ferner heißt es in der Einleitung des Dekrets: "vor dem Hintergrund weitergehender Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung". Das legt nahe, dass das Dekret von staatlichen Maßnahmen veranlasst wurde, also bloß auf diese reagiert. Überdies wird angedeutet, dass diese Maßnahmen noch weiter reichen. Allein, am 13. März gab es noch keine solchen Maßnahmen. "Weitergehend" könnte daher höchstens im Sinne von "bevorstehend" verstanden werden, so dass das Dekret in Anbetracht zu erwartender Maßnahmen erging. Für die zweite Hypothese spricht die Rechtsform eines allgemeinen Dekrets im Sinne des c. 29 CIC, das einem Gesetz gleichkommt. Für eine schlichte Absage hätte es dieser Rechtsform nicht bedurft. Vielleicht wurde sie aber deswegen gewählt, weil im Dekret noch andere, echte Rechtsanweisungen getroffen wurden. Für die zweite Hypothese spricht aber vor allem das Datum. Das Dekret wurde nämlich nicht unter der Bedingung späterer staatlicher Maßnahmen erlassen, die damals möglicherweise schon vorhersehbar waren. Vielmehr trat es gemäß seiner Schlussbestimmung mit der Veröffentlichung in Kraft, die noch am selben Tag auf der Webseite der Erzdiözese erfolgte. Aus diesen Gründen interpretierte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Dekret als "autonome Rechtssetzung im innerkirchlichen Bereich", die "aus freien Stücken - und damit unabhängig" von der staatlichen Verordnung erging. 203 Der sich rasch ändernden Situation dürfte es geschuldet sein, dass Generalvikar und Amtschefin der Erzdiözese noch am 12. März in einem Schreiben beteuert hatten, die Spendung von Sakramenten sei "selbstverständlich nicht untersagt", und empfohlen hatten, Gottesdienste auf 100 Teilnehmer zu beschränken. 204

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3.2.3.2. Extremphase
 

In der Extremphase erließ der Freistaat Bayern ein Versammlungsverbot, das gleichermaßen für Kultgebäude galt. Was die kirchenrechtliche Seite betrifft, interessieren vor allem zwei Fragen, eine formale und eine inhaltliche: (1) Erließen die Leitungsorgane in den einzelnen Diözesen eigenständige kirchliche Verbote oder beschränkten sie sich darauf, den innerkirchlichen Umgang mit den staatlichen Verboten zu ordnen? (2) Gehen die kirchlichen Maßnahmen inhaltlich über das hinaus, was vom Staat verlangt wurde?

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Das eben beschriebene Dekret des Erzbischofs von München und Freising war zum 3. April befristet und wurde zweimal erneuert, nämlich mit den Dekreten vom 30. März205 und vom 17. April206, die nahezu identisch sind. Das letzte sprach aber nicht mehr von einer Absage, sondern formulierte: "In der Zeit bis einschließlich 3. Mai 2020 finden keine öffentlichen Gottesdienste im Gebiet der Erzdiözese München und Freising statt." Der Indikativ kann in der Rechtssprache eine Feststellung ausdrücken. In diesem Fall wäre diese Passage rein deskriptiv, weil sie bloß die Konsequenz des staatlichen Versammlungsverbots beschriebe. Der Indikativ kann aber ebenso einen Befehl ausdrücken, 207 so dass es sich um eine Anordnung des Erzbischofs selbst handeln würde. Immerhin lag inzwischen mit den Bayerischen Rechtsverordnungen tatsächlich ein staatliches Verbot vor. Die Formulierung "vor dem Hintergrund weitergehender Maßnahmen der Bundesregierung wie der bayerischen Staatsregierung" ging nun nicht mehr ins Leere. Vielmehr machte sie deutlich, dass das Dekret nicht aus eigener Initiative, sondern eben in diesem Kontext erging.

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Die genannten Dekrete enthielten aber noch weitere Passagen, die kurz erwähnt werden sollen. Nach Nr. 4 der Dekrete werden Hauskommunion und Krankensalbung allgemein eingestellt. Nun fragt sich, ob diese Regelung einem staatlichen Verbot entsprach. Da sich bei diesen seelsorglichen Handlungen nur zwei Personen begegnen, griff das Versammlungsverbot nicht. Ebenso wenig trafen die Ausgangsbeschränkungen zu, da die Ausübung beruflicher Tätigkeiten ausdrücklich erlaubt war. Eine Verrichtung, die sich auf das Grundrecht der Religionsfreiheit stützen kann und zudem von Art. 144 Abs. 1 der bayerischen Verfassung geschützt ist, stellt zweifellos einen triftigen Grund dar. Nur soweit Krankenhäuser, Altenheime und ähnliche Einrichtungen betroffen waren, könnte das staatliche Besuchsverbot entgegengestanden haben. Immerhin enthielt die Nr. 4 der Dekrete eine Ausnahme bei "dringlicher Notwendigkeit, insbesondere in lebensbedrohlichen Situationen".

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Gemäß Nr. 5 der Dekrete waren Begräbnisse zu gewähren. Somit wurde das Recht gemäß c. 1176 CIC gewährleistet. Jedoch waren Totenmessen als öffentliche Gottesdienste auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Das stimmt mit den Regelungen anderer Diözesen208 überein und entspricht staatlichen Verordnungen, da Beerdigungen im engsten Familienkreis erlaubt waren. 209 Die Verschiebung der öffentlichen Totenmessen war durch das Versammlungsverbot bedingt.

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Schließlich gebot die Nr. 6 der Dekrete, dass die Kirchen den Gläubigen für das persönliche Gebet zu den üblichen Zeiten offen zu stehen haben. So war es auch in anderen Diözesen. 210 Einer von Politikern ursprünglich angedachten Schließung von Kultgebäuden traten die Kirchen entgegen. Somit war wenigstens ein Minimum an individueller Religionsausübung gewährleistet.

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Einen Weg, den Empfang der Eucharistie unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften so weit wie möglich zu gewährleisten, suchte der Hochschul- und Studentenpfarrer der Ludwig-Maximilians-Universität München. Analog zum Konzept der Krankenkommunion wurden konsekrierte Hostien in Wohnungen verteilt und während der über Live-Stream mitgefeierten Messe am Palmsonntag konsumiert. 211 Im Unterschied zur regulären Krankenkommunion waren die Empfänger zwar persönlich gesund, aber wegen der allgemeinen Krankheitssituation durch die Pandemie an der Möglichkeit des Messbesuchs gehindert. Die Wiederholung dieser Vorgangsweise während des österlichen Triduums wurde durch eine Intervention der Erzdiözese München und Freising unterbunden. Genau anders entschied die Erzdiözese Wien in Österreich. Dort wurden Richtlinien gemäß c. 935 CIC erlassen, um es Priestern zu ermöglichen, Gläubigen die Eucharistie in der Gestalt des Brotes zu übergeben, um dieses zeitnah - vorzugsweise in kleinster Hausgemeinschaft bei der Feier des Sonntags - konsumieren zu können. 212 Diese Regelung wurde mit der seelsorglichen Notlage begründet und auf die Zeit begrenzt, in der keine gemeinsamen Gottesdienste gefeiert werden konnten.

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In der Diözese Augsburg erließ der Ständige Vertreter des Apostolischen Administrators am 16. März, also am Tag der Ausrufung des Katastrophenfalls, eine Anordnung. 213 Demnach stellt das Bistum ab sofort vorerst bis 3. April die Feier aller öffentlichen Gottesdienste ein. Diese Formulierung lässt sich als bloße Reaktion auf staatliche Beschlüsse verstehen. In diesem Dokument wird ferner eine Weisung des Diözesanadminstrators erwähnt, welche die Sonntagspflicht für alle Gläubigen aussetzt (Nr. 1). Das ist ein kirchlicher Verwaltungsakt, der aber lediglich dazu dient, eine Kollision zwischen staatlichen und kirchlichen Normen zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wird auch eine Güterabwägung erwähnt, die der Eindämmung des Coronavirus den Vorrang gibt. Die private Zelebration der Priester wird aber ausdrücklich empfohlen (Nr. 2). Im Unterschied zu München und Freising werden Krankenkommunion und Krankensalbung "in der bisher gewohnten Weise" weitergeführt (Nr. 5). Wegen der Befristung zum 3. April verlängerte der Diözesanadministrator die Maßnahmen mit Schreiben vom 24.03.2020. 214 Da nun auch die Heilige Woche mitumfasst war, ergingen zugleich Regelungen, die auf dem Dekret der Gottesdienstkongregation vom 19.03.2020 beruhen. Dass dieses Dekret schon am 25. März geändert würde, war noch nicht vorhersehbar. Während sich die Regelungen der Diözese Augsburg bislang auf das Nötigste beschränkten, gab der Ständige Vertreter des Diözesanadministrators in zwei Schreiben vom 31. März215 äußerst detaillierte Anleitungen, deren Notwendigkeit für den Gesundheitsschutz nicht immer einleuchtet. Sie betrafen sogar den Kirchenschmuck und die heiligen Gräber. Außerdem war es nicht möglich, in Kirchen gesegnete Palmzweige und Kerzen auszulegen, während aber das Anzünden von Opferkerzen davon nicht betroffen war. Warum keine Ordenskonvente in Gottesdienste einbezogen werden durften, ist nicht einsichtig. Sie bilden nämlich Hausgemeinschaften, die gerade nicht unter das Versammlungsverbot fielen. Möglicherweise ist an dieser Stelle nur die Teilnahme von Konventen an pfarrlichen Gottesdiensten, nicht aber der ordensinterne Gottesdienst gemeint, denn für diesen fehlte einem Generalvikar ohnehin die Zuständigkeit. Davon abgesehen scheinen die detaillierten Regelungen für die zulässigen liturgischen Dienste bei Gottesdiensten aber eine willkommene Orientierungshilfe für verunsicherte Priester gewesen zu sein.

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Die Erzdiözese Bamberg hielt sich in der Extremphase mit Regelungen sehr zurück. In dieser Phase waren auf der Internetseite die inzwischen überholten Hinweise vom 13. März und eine Information für kirchliche Dienstnehmer vom 17. März zu finden. Darüber hinaus wurden die staatlichen Bekanntmachungen bezüglich Bestattungen, Kinderbetreuungseinrichtungen usw. zum Download angeboten. Dass öffentliche Gottesdienste vorerst abgesagt worden waren, war eine Pressemitteilung vom 16. März zu entnehmen. 216 Diese zurückhaltende Vorgangsweise bewahrt die kirchlichen Autoritäten davor, das Recht auf die Heilsgüter gemäß c. 213 CIC aus eigenem Antrieb zu stark einzuschränken oder auch nur den Eindruck zu erwecken, sich die staatlichen Vorgaben zu eigen zu machen und zu bekräftigen. Außerdem bleibt damit mehr Spielraum für eine situationsangepasste Handhabung in den Pfarreien.

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Der Bischof von Würzburg erließ am 16. März ein Dekret mit folgenden Inhalt: "Alle öffentlichen Gottesdienste sind ab Dienstag, 17. März 2020 bis voraussichtlich zum 19. April 2020 untersagt." (§ 1 Abs. 1) und "Die Liturgien zu den Kar- und Ostertagen· als öffentliche Feiern sind untersagt." (§ 1 Abs. 2) 217 Wieder stellt sich die Frage, ob es sich dabei um eine selbstständige Anordnung der kirchlichen Autorität handelt. Der Indikativ könnte darauf hindeuten, dass lediglich das staatliche Verbot mitgeteilt wird. Allerdings wird in der Präambel auf staatliche Anordnungen überhaupt nicht hingewiesen. 218 Stattdessen wird betont, dass es sich um Anordnungen des Bischofs handelt, die verpflichtend zu erfüllen sind. Auch die Rechtsform des Dekrets - es ist wohl wie in München ein allgemeines Dekret gemäß c. 29 CIC gemeint - lässt auf den gesetzgeberischen Willen des Bischofs schließen. Was Taufen betrifft, ist das Dekret restriktiver als dasjenige von München, weil es nur noch Nottaufen gestattet (§ 1 Abs. 4). Taufen in Privathäusern kommen nicht in den Blick. Dafür ist das Würzburger Dekret bei der Krankensalbung für Einzelpersonen großzügiger, denn diese bleibt ohne Beschränkung auf dringendste Fälle erlaubt (§ 1 Abs. 7).

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Der restriktive Ton dieses Dekrets, das nicht einmal ein Verbot des traditionellen Klapperns vergaß (§ 1 Abs. 2), wurde von weiteren Äußerungen des Bischofs abgemildert. In einer Botschaft vom 16. März stellte er die Aussetzung der Gottesdienste nicht als Inhalt seiner eigenen Anordnung, sondern als Folge verschärfter staatlicher Maßnahmen dar. 219 In einem Schreiben vom 26. März empfahl er den Gläubigen sogar, sich wegen des individuellen Empfangs des Bußsakraments und der Kommunion an die Seelsorger zu wenden, "auch wenn wir keine öffentlichen Termine anbieten dürfen" 220. Er begründete dies mit der besonderen Empfehlung der Kirche, diese Sakramente zu Ostern zu empfangen, ohne die in c. 920 CIC verankerte Rechtspflicht zu erwähnen. Dem genannten Schreiben wurden außerdem Hinweise zur Spendung des Bußsakraments beigefügt, welche die Note der Apostolischen Pönitentiarie in der Diözese Würzburg umsetzen. 221 Das lässt das Bestreben erkennen, den Sakramentenempfang trotz der Beachtung der staatlichen Maßnahmen, möglichst weitgehend sicherzustellen.

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Was nun die Frage betrifft, ob die kirchlichen Normen bloße Reaktionen auf die staatlichen sind, ist das Datum des 16. März, mit dem die Extremphase begann, noch genauer unter die Lupe zu nehmen. Einige Diözesen erließen an diesen Tag neue Normen, doch ist darauf hinzuweisen, dass der Freistaat Bayern zu diesem Zeitpunkt noch kein rechtsverbindliches Verbot bezüglich Gottesdienstgebäude in Kraft gesetzt hatte. Die Absprache zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten, die an diesem Tag stattfand, sah ein solches zwar vor, bedurfte aber erst der Umsetzung in den Ländern. Die Ausrufung des Katastrophenfalls in Bayern am selben Tag enthielt ebenso wenig ein derartiges Verbot und bedeutet auch von der Sache her etwas Anderes. 222 Ein Beschluss der bayerischen Staatsregierung, der ebenfalls an diesem Tag erging und in einer Presseerklärung223 mitgeteilt wurde, zielte auf ein per Allgemeinverfügung festzulegendes Verbot verschiedener Arten von Versammlungen und Veranstaltungen ab, ohne jedoch religiöse zu erwähnen. Die Allgemeinverfügung vom 20. März brachte dann Ausgangsbeschränkungen, aber keine spezielle Anordnung für Gottesdienstgebäude. Eine solche wurde schließlich am 27. März mit der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung getroffen. Die von einzelnen Diözesen am 16. März erlassenen Bestimmungen ergingen also vorausschauend im Hinblick auf damals bereits angekündigte staatliche Maßnahmen. 224 Was hingegen die Verlängerungen betrifft, lässt sich beobachten, dass die kirchlichen Anordnungen eng auf die staatlichen folgten. So erging die Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung am 16. April (mit Geltungsdauer vom 20. April bis 3. Mai) und die neuen Dekrete der Erzdiözese München und Freising bzw. der Diözese Würzburg folgten jeweils am 17. April, wobei die Geltungsdauer des ersteren mit jener der zweiten bayerischen Verordnung übereinstimmt.

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3.2.3.3. Lockerungsphase
 

Mit Blick auf die Lockerungsphase wurden zunächst Richtlinien auf drei überdiözesanen Ebenen erlassen, was leicht übertrieben erscheinen mag. Die Empfehlungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. April wurden bereits erwähnt. Als Zeichen ökumenischer Gesinnung adoptierten die katholischen (Erz-)Diözesen Bayerns und die Evangelische Landeskirche Bayern eine Gemeinsame Verpflichtung. 225 Sie musste zwangsläufig in vielen Punkten unbestimmt bleiben, weil sich katholische und evangelische Liturgie stark unterscheiden. Schließlich erarbeiteten die bayerischen (Erz-)Diözesen am 28. April ein gemeinsames Schutzkonzept, 226 das mit der bayerischen Staatsregierung abgestimmt worden war.

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Das Schutzkonzept enthält Regelungen über den Teilnehmerkreis und über den Ablauf von Gottesdiensten. Die Zahl der Teilnehmer ist dadurch begrenzt, dass in den Kirchen ein Mindestabstand von 2m eingehalten werden muss. Dazu können fakultative Platzmarkierungen, Einlasskontrollen oder Anmeldeverfahren dienen. Was den Ablauf betrifft, gelten verschiedene Hygienemaßnahmen: Desinfektion, Maskenpflicht (außer beim Sprechen), Verbot körperlicher Kontakte, Reinigung der liturgischen Geräte, Einschränkung der Berührung liturgischer Bücher. Die Kommunionausteilung erfolgt ohne Spendedialog lediglich in die Hand. Schließlich wird die Dauer der Gottesdienste auf 60 Minuten beschränkt.

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Dieses Schutzkonzept ermöglicht Anpassungen in den einzelnen Diözesen. Der Erzbischof von München und Freising erließ diesbezüglich am 29. April ein allgemeines Dekret, 227 das flankierende Maßnahmen enthält, die kirchenrechtlich sinnvoll oder sogar notwendig sind. So wird das Recht auf Zugang zur Kirche (c. 1221 CIC) für den Fall eingeschränkt, dass die Höchstzahl bereits erreicht ist, und das Recht auf Kommunionempfang (c. 912 CIC) wird eingeschränkt, wenn die Spendung nach Einschätzung des Zelebranten unter Beachtung des Schutzkonzeptes nicht möglich wäre. Für Messen im Freien, wo die Ansteckungsgefahr geringer ist, wird gemäß c. 932 § 1 CIC eine generelle Erlaubnis erteilt. Um das Feiern in mehreren und dafür kleineren Gruppen zu erleichtern, wird den Priester erlaubt, an Werktagen zweimal und an Sonntagen dreimal zu zelebrieren (c. 905 § 2 CIC). Die Dispens von der Sonntagspflicht gemäß c. 1247 CIC bleibt aber weiterhin aufrecht. Das ist sinnvoll, weil möglicherweise nicht alle Einlass finden, oder manche - gerade Ältere - aus gesundheitlichen Gründen auf gemeinsame Feiern weiterhin verzichten wollen. Ferner enthält das Dekret Regelungen in Angelegenheiten, die vom bayerischen Schutzkonzept nicht erfasst werden. So werden Hauskommunion und Krankensalbung unter Beachtung der Hygienevorschriften wieder erlaubt und es soll sogar eigens Personal dafür geschult werden. Taufen, Trauungen und Requien werden unter Einhaltung des Schutzkonzepts wieder ermöglicht. Dem Dekret ist zugute zu halten, dass es zahlreiche Berührungen mit kodikarischen Bestimmungen berücksichtigt. Der Generalvikar erließ zudem eine Anordnung228 und verfasste mit der Amtsleiterin ein ausführliches Schreiben229, um den Pfarreien bei der Umsetzung zu helfen. Die Pfarrer sollen sich mit den pfarrlichen Gremien zu beraten. An jedem Ort soll eine situationsgerechte Lösung gefunden werden. Dieses Schreiben räumt den Pfarreien ausdrücklich einen weiten Ermessensspielraum ein. Nun ist Ermessen im kirchenrechtlichen Sinn aber an die Abwägung objektiver Kriterien gebunden und kann nicht vom Grad subjektiver Ängstlichkeit oder Beherztheit abhängen. 230 Obwohl das Schreiben von der Grundtendenz auf weitgehende Wiederermöglichung des sakramentalen Lebens ausgerichtet ist, sind Beicht- und Seelsorgsgespräche nur nach individueller vorheriger Terminvereinbarung möglich.

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Die Ausführungsbestimmungen der Diözese Augsburg231 sind teilweise restriktiver und lassen weniger Spielraum. Sonntägliche Eucharistiefeier sollen hier nur in der Kathedrale und größeren Kirchen, maximal aber in den zwei größten Kirchen eines Pfarrverbades gehalten werden. Außerdem wird sehr empfohlen, dass zunächst auf die Kommunionausteilung verzichtet wird. Wie in München wird die dreimalige Zelebration erlaubt, um eine Verteilung der Besucher auf mehrere Messen zu ermöglichen. Großzügiger ist die Augsburger Regelung hingegen bei der Beichte. Eine allgemeine Beichtgelegenheit wird nicht ausgeschlossen, wenn auch im Wartebereich die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden. Mit Schreiben vom 18. Mai wurde die Möglichkeit zum Kommunionempfang in allen Eucharistiefeiern wieder eröffnet und die Beschränkung auf die zwei größten Kirchen im Pfarrverband aufgehoben. 232

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Die Erzdiözese Bamberg verzichtet auf eigene Ausführungsbestimmungen. Mit einem Schreiben vom 1. Mai verschickte der Generalvikar lediglich das Schutzkonzept der Bayerischen (Erz-)Bistümer und teilte mit, dass es in Bamberg erst ab dem 10. Mai gelten solle. Als Grund für diese Verzögerung wird angegeben, dass mehr Zeit für die Vorbereitung in den Seelsorgebereichen gegeben werden soll. Der späte Zeitpunkt ist nicht ganz nachvollziehbar, doch hält sich der Nachteil insofern in Grenzen, als der 10. Mai der erste Sonntag nach dem 4. Mai (Montag) war, so dass die Verzögerung nur Werktagsmessen betraf.

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Der Bischof von Würzburg erließ am 28. April wiederum ein Dekret, das die Wiedereröffnung des liturgischen Lebens aber weiterhin stark begrenzt. 233 Insbesondere werden öffentliche Gottesdienste nur ohne Eucharistiefeier zugelassen. Dies wird mit Besonderheiten des Bistums Würzburg - nämlich Volksfrömmigkeit und kleinen Kirchen auf dem Land - begründet. Eucharistiefeiern ohne allgemeinen Kommuniongang (wie in Augsburg) werden unter Hinweis auf die Sinngestalt der liturgischen Feier abgelehnt. 234 Diese Restriktionen verwundern, zumal die Diözese Würzburg am gemeinsamen Schutzkonzept der bayerischen Diözesen mitbeteiligt war. Selbst die ökumenische Mantelordnung, an der die Diözese Würzburg ebenfalls beteiligt war, hält fest: "Alle Formen von gottesdienstlichen Feiern sind gestattet." (Art. IV, Abs. 1) Volksfrömmigkeit und Kirchen mit wandbündigen Bankreihen gibt es auch in anderen Diözesen. Dass das Schutzkonzept an bestimmten Orten nicht verwirklicht werden kann, rechtfertigt kein diözesanweites Verbot. Unverständlich ist ferner, warum dasselbe Dekret weiterhin ausschließlich Nottaufen erlaubt (§ 1 Abs. 2). Infolge verschiedener Reaktionen innerhalb der Diözese sah sich der Bischof veranlasst, seine Entscheidung in einem Brief vom 1. Mai zu erklären, aber nicht zu revidieren. 235 Mit Dekret vom 15. Mai236 hat er dann öffentliche Eucharistiefeiern unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen wieder erlaubt und Kindertaufen zugelassen. Warum Erwachsenentaufen weiterhin verschoben werden müssen, 237 wird nicht begründet. In seinem Begleitschreiben238 führt er an, dass der anfängliche Verzicht auf die Kommunionspendung auf eine Bitte des Gesundheitsministeriums zurückging. 239 Ein weiteres Dekret vom 29. Mai ließ die bisherigen Bestimmungen weiter bestehen, außer dass Beisetzungen nicht mehr auf 50 Personen beschränkt sind. 240

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Die Schutzkonzepte stellen eine besondere Form von Rechtsnormen im Schnittbereich von Staat und Kirche dar. Einerseits handelt es sich um kirchenrechtliche Normen, die von der kirchlichen Autorität erlassen sind und das allgemeine Kirchenrecht an die bestehende Notsituation anpassen. Manche Rechte von Gläubigen werden immer noch eingeschränkt. Gleichzeitig wird von Ausnahmeklauseln des CIC Gebrauch gemacht. So zeigt sich die Flexibilität des Kirchenrechts. Andererseits sind die Schutzkonzepte eine Voraussetzung dafür, dass von den Erlaubnissen der staatlichen Verordnung Gebrauch gemacht werden kann. Auf Verlangen ist das Konzept der Kreisverwaltungbehörde vorzulegen. Die Kirche vollzieht damit keine staatliche Verordnung, sondern schafft die Voraussetzungen für die Anwendung einer staatlichen Verordnung.  Im profanen Bereich schaffen auch Unternehmen und Dienstleister solche Schutzkonzepte. Sie bedürfen im staatlichen Bereich keiner Hoheitsgewalt - im kirchlichen hingegen schon, weil sie Modifikationen des geltenden Rechts vornehmen.

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Die diözesanen Regelungen in der Lockerungsphase sind von dem Bestreben geprägt, das sakramentale und liturgische Leben so weit wie möglich wieder herzustellen. Einzelne Diözesen erlegen aber weiterhin mehr oder weniger weit gehende Restriktionen auf. Da sich diese inzwischen weder auf staatliche Verbote noch auf das gemeinsame Schutzkonzept der bayerischen Diözesen berufen können, liegt der damit einhergehende Eingriff in das Grundrecht auf die Heilsgüter (c. 213 CIC) allein in der Verantwortung der betreffenden kirchlichen Autoritäten.

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3.2.4. Gesamtbetrachtung der kirchlichen Rechtslage

 

Wie nun klar geworden ist, wurden kirchliche Normen im Zusammenhang mit der Coronapandemie auf verschiedenen Ebenen gesetzt: Römische Kurie, Bischofskonferenzen und Diözesen. Zwar gibt es in der katholischen Kirche kein demokratisches Gesetzgebungsverfahren, doch wurde beim Erlass der oben beschriebenen Normen die Stellungnahme verschiedener Räte sowie medizinischer und liturgischer Fachleute eingeholt. Manche Diözesen richteten einen eigenen Krisenstab ein. Das Einvernehmen mit den staatlichen Regierungen sowie mit den Autoritäten anderer Kirchen wurde gesucht. Bei der Umsetzung auf pfarrlicher Ebene ist die Mitwirkung von Gremien erwünscht, an denen Laien beteiligt sind.

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Obwohl das Sakramentenrecht viele Einzelbestimmungen für Notlagen kennt, zeigen sich Mängel im gegenwärtigen Kirchenrecht vor allem im Hinblick auf die Kompetenzen der Diözesanbischöfe. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips wären sie die vorzüglichen Normsetzer, weil die Krise schnelle und regional angepasste Lösungen verlangt. Grundsätzlich haben sie auch weitgehende Befugnisse (c. 381 § 1 CIC), doch stoßen diese gerade dort an Grenzen, wo es sich für die Pandemiebekämpfung als notwendig erweist, vom höheren Recht abweichende Regelungen zu erlassen. Was den Bereich der potestas legislativa betrifft, sind Gesetze und allgemeine Dekrete, die höherem Recht widersprechen, von vornherein ungültig (c. 135 § 2 CIC). Was den Bereich der potestas exsecutiva betrifft, entbehren allgemeine Ausführungsdekrete und Instruktionen, die Gesetzen wiedersprechen, jeglicher Rechtskraft (cc. 33 § 1 bzw. 34 § 2 CIC). Was Einzelverwaltungsakte betrifft, können Diözesanbischöfe zwar durch bestimmte Reskriptinhalte (Dispensen und Privilegien) Ausnahmen vom allgemeinen Recht schaffen, doch beschränkt sich dies auf Einzelfälle und begünstigende Inhalte. Was angesichts der aktuellen Situation fehlt, ist die Befugnis, auf Notsituationen begrenzte Verfügungen zu treffen, die im höheren Recht verankerte Erlaubnisse und Rechte beschränken. Die Diözesanbischöfe können zwar gemäß c. 223 § 2 CIC die Ausübung von Grundrechten durch generell-abstrakte Normen einschränken, aber wieder nur soweit sie damit nicht höherem Recht widersprechen (c. 135 § 2 CIC). 241

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Besonders anschaulich zeigt sich das Problem an den Beispielen der bereits erwähnten Mundkommunion, des Beichtstuhls mit Gitter und des Zutritts zur Kirche. Universalkirchlich ist festgelegt, dass sowohl der Pönitent als auch der Beichtvater das Recht haben, einen solchen zu verwenden. 242 Nun ist aber die Benützung enger, ungelüfteter und von mehreren Personen frequentierter Räume zur Vermeidung von Ansteckungen ausgeschlossen. Was den Beichtvater betrifft, nimmt die Antwort der PCI immerhin den Notfall aus. Die Apostolische Pönitentiare wies den Diözesanbischöfen die Aufgabe zu, im gegenwärtigen pandemischen Notfall Hinweise für die Beichte außerhalb des Beichtstuhls zu geben. 243 Dies erfolgte in der Note vom 19. März, also zu einem Zeitpunkt, als in deutschen Diözesen die Beichte nicht mehr nur im Beichtstuhl, sondern bereits generell verboten war. Der Zugang zu einer Kirche muss gemäß c. 1221 CIC während gottesdienstlicher Feiern frei und kostenlos sein, wobei der "freie Zugang" eine Neuheit des CIC/1983 und im Zusammenhang mit dem Recht gemäß c. 937 CIC zu lesen ist. 244 Laut Mitteilung245 der Präfektur des Päpstlichen Hauses feierte selbst der Papst die Liturgie der Kar- und Ostertage ohne die Anwesenheit von Gläubigen, doch hat diese Mitteilung für die Diözesen höchstens Beispielwirkung aber keine Rechtswirkung. Im Übrigen wurde diese Zelebration ohne Volk von Papst Franziskus stark hinterfragt. 246

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Andererseits wäre eine Ad-Hoc-Kompetenz nach dem Motto "Not kennt kein Gebot" 247 oder "Wer Corona bekämpft, ist immer im Recht" dezidiert abzulehnen. Rechtskultur und Rechtssicherheit müssen in der Kirche verbessert werden und dürfen auch in Krisenzeiten nicht einfach außer Acht geraten. Der Schrecken vor der Pandemie darf keinen Freibrief für nicht näher definierte, wenn auch noch so gut gemeinte Maßnahmen abgeben. Das Recht tritt im Ausnahmezustand nicht außer Kraft, sondern muss sich gerade in ihm als Richtschnur für gerechtes und ausgewogenes Handeln bewähren. 248 Wünschenswert wäre daher ein Handlungsspielraum, der notwendige, auch vom allgemeinen Recht abweichende Lösungen ermöglicht, die aber anhand objektiver Kriterien überprüfbar und im Hinblick auf den Grundrechtsschutz verhältnismäßig sind.

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4. Staat, Kirche und die einzelnen Gläubigen

 

Zu Beginn wurde die Frage gestellt, in welcher Weise Staat und Kirche angesichts der Coronakrise zusammenspielen und inwiefern der Schutz der Religionsfreiheit der Individuen darunter leidet. Es handelt sich um ein Dreiecksverhältnis zwischen Kirche, Staat und individuellen Gläubigen. Die drei Seiten des Dreiecks sollen nun nacheinander beleuchtet werden. 249

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4.1. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat

 

Die erste Seite ist das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. In Deutschland handelt es sich um ein Kooperationsverhältnis, das sich besonders im Abschluss von Konkordaten, aber auch im täglichen Zusammenleben ausdrückt. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus wurden zwar nicht in einem Vertrag vereinbart, der für beide Seiten rechtsverbindlich wäre, sehr wohl aber im Dialog. 250 In ihrem Positionspapier vom 15. April 2020 gestand die Deutsche Bischofskonferenz, dass die Kirchen "in das Verbot von Versammlungen zur Religionsausübung eingewilligt" hatten. Am 16. März einigten sich die Bundesregierung und die Vertreter der Länder auf die Richtlinie, dass Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen zu verbieten seien. Noch am selben Tag erließen die Diözesen ihre diesbezüglichen Anweisungen. Eine Diözese war sogar um drei Tage schneller. Das dürfte kein Zufall sein. Die Kooperation dient dem religiösen Frieden im Land. Der Staat konnte darauf vertrauen, dass die großen Kirchen das Grundrecht der korporativen Religionsfreiheit nicht gerichtlich geltend machen. Stattdessen konnten sie im Dialog erreichen, dass nicht noch härtere Maßnahmen wie z.B. Kirchenschließungen ergriffen wurden. Als der Höhepunkt der Krise überstanden war, brachten die Kirchen ihre Forderungen für Lockerungen wieder in Gespräche mit dem Staat ein. So konnten in gegenseitiger Absprache Schutzkonzepte entwickelt werden, die sowohl dem Gesundheitsschutz als auch den Erfordernissen der Liturgie entsprechen. Dennoch sind kritische Stimmen aus der Rechtswissenschaft nicht von der Hand zu weisen. 251 Lepsius befürchtet, dass die Kirchen ihre religiöse Autorität verlieren, wenn sie ihre Grundrechte nicht einfordern. 252 Isensee warnt, dass die Kirche in eine Falle gerät, wenn sie ihr Kerngeschäft vernachlässigt und bereit ist, alle Einschränkungen dem Staat leicht zuzugeben. 253 Gewiss sind die Religionsgemeinschaften Träger der korporativen Religionsfreiheit und des Selbstbestimmungsrechts, und es steht jedem Grundrechtsträger frei, auf die Einforderung seiner Rechte zu verzichten. Das Problem ist jedoch, dass der Verzicht im gegebenen Fall anderen Rechtssubjekten bei der Geltendmachung der Religionsfreiheit schaden kann, nämlich den einzelnen Gläubigen. 254 Der Blick darf nicht auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat eingeschränkt werden, denn es handelt sich um ein Dreiecksverhältnis.

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4.2. Das Verhältnis zwischen Staat und Individuum

 

Die zweite Seite des Dreiecks betrifft das Verhältnis zwischen Staat und Individuum. Der niedersächsische Moscheeverein war mit seiner Verfassungsbeschwerde erfolgreich, weil in der niedersächsischen Verordnung eine Ausnahmebestimmung für Sonderfälle fehlte. 255 Der Freistaat Bayern vermied diesen Fehler, indem er in seine Verordnungen eine Klausel einfügte, wonach Ausnahmegenehmigungen auf Antrag von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erteilt werden können. Was nützt diese Klausel aber den einzelnen Gläubigen, wenn von vornherein nicht damit zu rechnen ist, dass ihre Glaubensgemeinschaft solche Anträge stellt, weil sie gottesdienstliche Versammlungen bereits selbst abgesagt hat? Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hielt zwei Antragstellern entgegen, dass ihnen eine Aufhebung der staatlichen Vorschrift nichts nützen würde, weil die Kirche aus freien Stücken sowieso keine öffentlichen Gottesdienste abhält. 256 An den beiden Beschlüssen ist positiv hervorzuheben, dass sie die autonome Rechtsetzung im innerkirchlichen Bereich bekräftigen, die heute nicht mehr in jeder Hinsicht selbstverständlich ist. Trotzdem sind sie zu kritisieren. Wenn man die Rechtsetzungsautonomie ernst nimmt, hätte die Kirche genauso gut eine Regelung gegenteiligen Inhalts erlassen können, so dass es zu einer Normenkollision mit der bayerischen Verordnung gekommen wäre. Wäre der Verwaltungsgerichtshof dann wirklich bereit gewesen, die Verordnung, soweit sie Gottesdienste betrifft, als mit dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unvereinbar zu qualifizieren? Wenn die Antragsteller erst im kirchlichen Binnenbereich ihr Recht geltend machen müssten - und selbst wenn sie damit Erfolg hätten -, würde immer noch die staatliche Verordnung dem Abhalten öffentlicher Gottesdienste entgegenstehen, so dass ihnen nichts Anderes übrig bliebe, als auch diese anzufechten. Inzwischen hätten sie aber die staatlich-rechtliche Klagefrist versäumt. Da den Antragstellern der staatliche Rechtsweg also ohnehin nicht erspart bleibt, kann ihnen ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden. Die Beschlüsse des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs blicken zu wenig weit, weil sie der ersten Seite des Dreiecks nicht hinreichend Rechnung tragen, nämlich dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Die diözesanen Dekrete sind nicht einfach Ergebnis autonomer Rechtsetzung, sondern beruhen auf einer Koordinierung zwischen Staat und Kirche. Daher erfasst das Bundesverfassungsgericht den Gesamtzusammenhang besser, wenn es erkennt, dass die Kirche im Falle der Aufhebung des staatlichen Verbots wieder mehr Gottesdienste anböte. 257

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Im vorliegenden Aufsatz wurde immer wieder geprüft, ob die kirchlichen Normen ein eigenständiges Verbot enthalten oder nur innerkirchliche Konsequenzen aus einem staatlichen Verbot ziehen. Der Wortlaut der Normen lässt die Intention der kirchlichen Autoritäten aber nicht immer klar erkennen. Manche sind zurückhaltender, während andere ihre Gesetzgebungsbefugnis voll ausschöpfen. Im Hinblick auf den Grundrechtsschutz ist die erstgenannte Haltung die klügere. Letztlich ist diese Frage aber gar nicht so entscheidend, denn die kirchlichen Normen sind in jedem Fall Ergebnis der Koordination zwischen Staat und Kirche.

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Das hier skizzierte Problem ist mit der Frage verknüpft, ob sich ein Mitglied einer Glaubensgemeinschaft vor einem staatlichen Gericht auch dann auf seine religiöse Überzeugung berufen kann, wenn seine Religionsgemeinschaft diese Überzeugung für nicht bindend erklärt. Konkret stellt sich die Frage: Kann ein Katholik sein Recht auf Religionsfreiheit geltend machen, wenn er die Sonntagsmesse besuchen will, obwohl die Kirche ihn von der Sonntagspflicht befreit hat? Die deutschen Gerichte haben bereits vergleichbare Fälle behandelt. Grundsätzlich gilt, dass der Staat bzw. das Gericht nicht definieren kann, was zur Ausübung einer bestimmten Religion notwendig ist. Das Gericht geht vom Selbstverständnis der entsprechenden Religion aus. Um das eigene Anliegen plausibel zu machen, ist es daher hilfreich, sich auf die Lehren und Normen seiner Religionsgemeinschaft zu berufen. 258 In diesem Sinne führten katholische Antragsteller in den erwähnten Prozessen zum Beispiel Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils oder Canones des Codex an. 259 Wenn der einzelne Gläubige seine Religion aber intensiver ausüben will, als seine Religionsgemeinschaft es für notwendig oder angebracht hält, dann kann er sich vor Gericht trotzdem mit Erfolg auf seine Religionsfreiheit berufen. Individuelle Religionsfreiheit ist nämlich nicht an eine kollektive Inhaltsbestimmung durch Religionsgemeinschaften gebunden. 260 Dieser Grundsatz geht aus Fällen hervor, in denen Individuen eine religiöse Kopfbedeckung tragen wollten, obwohl ihre Religionsgemeinschaft dies nicht für verpflichtend hielt. 261 Das BVerfG entschied: "Auf die umstrittene Frage, ob und inwieweit die Verschleierung für Frauen von Regeln des islamischen Glaubens vorgeschrieben ist, kommt es nicht an. [...] Eine Verpflichtung von Frauen zum Tragen eines Kopftuchs in der Öffentlichkeit lässt sich nach Gehalt und Erscheinung als islamisch-religiös begründete Glaubensregel dem Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG hinreichend plausibel zuordnen." 262 Der Bayerische Verfassungsgerichtshof drückt dieses Prinzip noch deutlicher aus: "Hierdurch wird in die durch Art. 107 Abs. 1 und 2 BV verbürgte individuelle Glaubensfreiheit eingegriffen, wenn und soweit der jeweilige Träger als Folge seine Überzeugung nicht mehr in der von ihm gewünschten Form zum Ausdruck bringen kann. Dabei ist nicht entscheidend, ob die jeweilige Religion das Tragen des Symbols oder Kleidungsstücks verbindlich vorschreibt. Zwar kann nicht jegliches Verhalten einer Person allein nach deren subjektiver Bestimmung als Ausdruck der besonders geschützten Glaubensfreiheit angesehen werden; vielmehr darf bei der Würdigung eines vom Einzelnen als Ausdruck seiner Glaubensfreiheit reklamierten Verhaltens das Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft nicht außer Betracht bleiben. Ausreichend ist jedoch, wenn sich das gewünschte Verhalten dem Schutzbereich des Art. 107 Abs. 1 und 2 BV hinreichend plausibel zuordnen lässt." 263 Diesem Prinzip entspricht übrigens auch die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. 264 Auf den hier interessierenden Fall angewandt, bedeutet dies: Dass der Katholik die Sonntagsmesse besuchen will, lässt sich hinreichend plausibel dem Schutzbereich der Religionsfreiheit zuordnen. Nicht entscheidend ist, ob die Kirche ihn unter den besonderen Umständen der Pandemie von dieser Pflicht befreit hat. Im Verfahren der evangelischen Theologin in Mecklenburg-Vorpommern, die kirchliche Zusammenkünfte besuchen wollte, wurde die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland beigeladen. 265 Deren Stellungnahme ist im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zwar nicht wiedergegeben, doch nach der eben zitierten Judikatur kommt es darauf auch gar nicht an.

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Das heißt jedoch nicht, dass der einzelne Gläubige die Kirche über den staatlichen Rechtsweg zwingen könnte, ihre Lehren oder Rechtsnormen zu ändern bzw. im konkreten Fall Gottesdienste anzubieten. Der Staat griffe in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ein, wenn er dies täte. Der einzelne Gläubige kann über entsprechende Verfahren nur bewirken, dass der Staat die rechtlichen Beschränkungen entfernt, welche die Kirche am Abhalten öffentlicher Gottesdienste hindern. Das allein nützt den einzelnen Gläubigen freilich wenig, wenn die Kirche trotzdem keine Sonntagsmessen anbietet. Da das Individuum die Messe nicht selbst veranstalten kann, befindet es sich in der schwächeren Position, selbst wenn es vor dem staatlichen Gericht Recht bekäme. Daher ist auch die dritte Seite des Dreiecks zu berücksichtigen, nämlich das Verhältnis zwischen der Kirche und den einzelnen Gläubigen.

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4.3. Das Verhältnis Kirche - Individuum

 

Wenn der einzelne Gläubige will, dass die kirchlichen Amtsträger tätig werden, um ihm geistliche Hilfe aus den Sakramenten zu gewähren, muss er den innerkirchlichen Rechtsweg beschreiten. Er kann sich auf das Grundrecht gemäß c. 213 CIC266 berufen und hierarchischen Rekurs einlegen, der sich in Angelegenheiten der Liturgie an die Gottesdienstkongregation richten wird. Wenn der Gläubige von der Gottesdienstkongregation nicht Recht bekommen sollte, bleibt nur noch die Möglichkeit, vor der Apostolischen Signatur einen verwaltungsgerichtlichen Prozess zu führen. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass dieser Erfolg hat, doch kann bis dahin so viel Zeit vergehen, dass es für den Gläubigen nicht mehr von Interesse ist.

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Materiellrechtlich liefe die Grundrechtsprüfung ähnlich wie im staatlichen Recht darauf hinaus, ob der Eingriff in das Recht gemäß c. 213 CIC durch den Gesundheitsschutz Dritter gerechtfertigt ist. Eine solche Rechtfertigung wird schwer fallen, wenn die diözesane Anordnung in zeitlicher oder inhaltlicher Hinsicht über das staatliche Verbot hinausgeht. Die kirchliche Autorität müsste dann nämlich begründen, warum sie die Gesundheit über die Kultausübung gestellt hat, obwohl der Staat dies im selben Fall nicht getan hat. Daneben könnte die kirchliche Autorität auch spirituelle Gründe vorbringen, etwa dass die Eucharistie unter den Schutzmaßnahmen nicht würdig gefeiert werden könnte. Aber auch dieses Argument dürfte nicht stichhaltig sein, denn das kirchliche und liturgische Recht lassen eine solche Flexibilität ja gerade zu, um auf Sondersituationen eingehen zu können. Außerdem kommen andere Diözesen nicht zu einer solchen Einschätzung. Noch weniger überzeugend dürfte die Argumentation mit rein praktischen Schwierigkeiten sein, denn die kirchlichen Autoritäten sind wegen c. 213 CIC gerade verpflichtet, solche Schwierigkeiten auszuräumen, um das Grundrecht zu gewährleisten. C. 213 CIC bringt auf Seiten der Autorität eine Organisationspflicht mit sich. 267

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5. Schlussbemerkungen

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Staat und Kirche ihre Maßnahmen zum Schutz vor der Corona-Pandemie koordiniert haben. Die kirchlichen Maßnahmen waren je nach Diözese nicht in jedem Fall bloß passive Reaktionen, denn sie gingen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht teils über die staatlichen Vorgaben hinaus. Andererseits waren sie aber auch nicht völlig davon unabhängig, da religiöse Versammlungen sehr wohl durch staatliche Verordnungen verboten waren bzw. solche Verbote zumindest bevorstanden. Die Eingriffe in die Religionsfreiheit lassen sich weitgehend, 268 aber nicht in jedem Einzelfall durch den Schutz der öffentlichen Gesundheit rechtfertigen. Anstelle von Totalverboten hätten Lösungen gefunden werden können, die beiden kollidierenden Rechtspositionen im Sinne der praktischen Konkordanz269 besser gerecht werden. In Zukunft sind weitere Entscheidungen zum Thema Religionsfreiheit und Coronakrise zu erwarten - sowohl von staatlichen Gerichten als auch vielleicht von kirchlichen Autoritäten. Diese werden noch weitere juristische Erkenntnisse ermöglichen.

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Wie nun ersichtlich geworden ist, stehen die Seiten des Dreiecks, d.h. die Beziehungen zwischen Kirche, Staat und einzelnen Gläubigen, nur dann im Gleichgewicht, wenn auch die Kirche einen effektiven Grundrechtsschutz gewährleistet. Im Zusammenspiel zwischen Staat und Kirche dürfen die einzelnen Gläubigen nicht die Verlierer sein. So wie sich die katholische Kirche während der Coronakrise in Deutschland offiziell verhalten hat, kann ihr jedenfalls nicht vorgeworfen werden, sie hätte Lobbyismus in eigener Sache betrieben. 270 Eine andere Frage ist aber, ob ihre rechtlichen Regelungen den gerade während der Pandemie gesteigerten Bedürfnissen der Gläubigen und der spirituellen Krisenbewältigung, die über rein technische Ansteckungsvermeidung hinausgeht, ausreichend gerecht worden ist. Gemäß den Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils soll das Verhältnis zwischen Staat und Kirche so gestaltet sein, dass es dem Menschen dient. Dazu wünscht das Konzil durchaus ein "rechtes Zusammenwirken" zwischen Kirche und Staat, betont aber auch, welche Rolle der Kirche in diesem Zusammenhang zukommt. Sie ist nämlich "Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person", die "inmitten der menschlichen Geschichte ungeschmälert ihre ewige Berufung vollzieht" (Art. 76 GS).

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1 https://www.dkv.global/covid.

2 Nämlich 247 im Vergleich zu Gesamtdeutschland mit 145, vgl. RKI, COVID-19-Lagebericht vom 12.04.2020.

3 Robert Koch Institut, Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (31.05.2020), at: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-05-31-de.pdf?__blob=publicationFile.

4 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 20 NE 20.704 (09.04.2020), Rn. 12f.; ders., 20 NE 20.738 (09.04.2020), Rn. 11f.

5 Unverständlich ist daher die Meinung Isensees, wonach die Freiheit zur tatsächlichen Religionsausübung ja weiter bestehe, weil das "forum internum", also die individuelle Glaubensfreiheit, von den Regelungen unberührt sei, vgl. Josef Isensee, "Im Notstand regieren die Umstände".

6 Vgl. Roman Herzog, Art. 4, in: Th. Maunz, G. Dürig (Hg.), Grundgesetz-Kommentar (2020), Rnn. 102 und 113; Martin Morlok, Art. 4, in H. Dreier (Hg.), Grundgesetz-Kommentar (2018), Rn. 92; Michael Germann, Art. 4, in: V. Epping, Ch. Hillgruber (Hg.), Grundgesetz-Kommentar (2020), Rn. 18.1.

7 Vgl. Herzog Art. 4, a.a.O., Rn. 112.

8 Bei der Schaffung der Weimarer Reichsverfassung wurde das Seuchenschutzgesetz als notwendige Schranke der Religionsfreiheit genannt, vgl. Heinig, Gottesdienstverbot (17.03.2020), at: https://verfassungsblog.de/gottesdienstverbot-auf-grundlage-des-infektionsschutzgesetzes/. Der entsprechende Art. 135 WRV, der einen Gesetzesvorbehalt enthielt, steht heute aber nicht mehr in Kraft.

9 Vgl. Morlok Art. 4, a.a.O., Rn. 87 und 190. Anderer Ansicht Herzog Art. 4, a.a.O., Rn. 95.

10 Vgl. Heinrich Amadeus Wolff, Art. 107, in: J. F. Lindner, M. Möstl, H. A. Wolff (Hg.), Verfassung des Freistaates Bayern - Kommentar (2017), Rn. 37f.

11 Vgl. Heiner De Wall, Art. 142, in: J. F. Lindner, M. Möstl, H. A. Wolff (Hg.), Verfassung des Freistaates Bayern - Kommentar (2017), Rn. 18.

12 Vgl. Wolff Art. 144, a.a.O., Rn. 6.

13 "Religious societies shall regulate and administer their affairs independently within the limits of the law that applies to all. They shall confer their offices without the participation of the state or the civil community."

14 Isensee bezeichnet das staatliche Versammlungsverbot als ein für alle geltendes Gesetz, vgl. Josef Isensee, "Im Notstand regieren die Umstände", in: Tagespost (27.03.2020), at: https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/Im-Notstand-regieren-die-Umstaende;art315,206651. Ob dies auch auf die bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen zutrifft, ist fraglich, insofern sie Einzelbestimmungen speziell für Versammlungen von Religionsgemeinschaften enthalten. Außerdem ist klarzustellen, dass das "für alle geltende Gesetz" nur im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht eine Schranke bildet, aber nicht im Hinblick auf die Religionsfreiheit gemäß Art. 4 GG.

15 Vgl. Josef Franz Lindner, in: Hubert Schmidt (Hg.), COVID-19: Rechtsfragen zur Corona-Krise, München 2020, § 16 Öffentliches Recht, Rn. 32.

16 Vgl. Holger Schmitz, Carl-Wendelin Neubert, Praktische Konkordanz in der Covid-Krise, in: NVwZ 2020, 666-671, 668.

17 Vom 20.07.2000 (BGBl. I S. 1045), i.d.F. vom 27.03.2020 (BGBl. I S. 587).

18 Bezweifelt wird, ob damit eine Stilllegung des gesamten öffentlichen Lebens gemeint ist, vgl. Sebastian Wolf, Religionsfreiheit in Zeiten der Pandemie: Ein Plädoyer für offene Kirchen, in: NJOZ 2020, 577-579, 577.

19 Peter Häberle, Hans Joachim Lutz, Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - Kommentar (2020), § 28, Rn. 6.

20 Vgl. Jens Peglau, Coronaschutzverordnung NW und Infektionsschutzgesetz - eine erste Betrachtung aus straf- bzw. bußgeldrechtlicher Sicht, in: jurisPR-StrafR 7/2020 Anm. 1.

21 Allerdings erließ Bayern am 25.03.2020 zudem ein eigenes Infektionsschutzgesetz: Bayerisches Infektionsschutzgesetz (BayIfSG) vom 25.03.2020 (GVBl. S. 174, BayRS 212-3-G).

22 Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer angesichts der Corona-Epidemie in Deutschland (16.03.2020), at: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/vereinbarung-zwischen-der-bundesregierung-und-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-bundeslaender-angesichts-der-corona-epidemie-in-deutschland-1730934.

23 Vgl. Pressemitteilung Nr. 58 der Bayerischen Staatskanzlei: Bericht aus der Kabinettssitzung vom 10.03.2020.

24 Vgl. Allgemeinverfügung über die Einschränkung der Besuchsrechte für Krankenhäuser, Pflege- und Behinderteneinrichtungen vom 13.03.2020, Az. G51b-G8000-2020/122-56.

25 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration über die Corona-Pandemie: Feststellung des Katastrophenfalls vom 16.03.2020 (BayMBl. Nr. 115).

26 Bayerisches Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) vom 24.07.1996 (GVBl. S. 282, BayRS 215-4-1-I), i.d.F. vom 26.03.2019 (GVBl. S. 98).

27 https://www.bayern.de/corona-pandemie-bayern-ruft-den-katastrophenfall-aus-veranstaltungsverbote-und-betriebsuntersagungen.

28 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.03.2020, Az. Z6a-G8000-2020/122-98.

29 VG München, AZ. M 26 S 20.1252 (26.03.2020).

30 Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (27.03.2020), in: BayMBl. Nr. 158, BayRS 2126-1-5-G.

31 Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. BayIfSMV) (16.04.2020), in: BayMBl. Nr. 205, BayRS 2126-1-5-G.

32 Dritte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (3. BayIfSMV) (01.05.2020), in: BayMBl. Nr. 239, BayRS 2126-1-7-G.

33 Vierte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (4. BayIfSMV) (05.05.2020), 2126-1-8-G, zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.05.2020 (BayMBl. Nr. 287).

34 Fünfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (5. BayIfSMV) (29.05.2020), 2126-1-9-G, in: BayMBl. 2020 Nr. 304.

35 § 28 IfSG; Art. 10 BayIfSG; Art. 19 BayKSG.

36 Vgl. VG Hannover: 15 B 2112/20 (07.04.2020), Rn. 3.

37 BVerfG, 1 BvQ 44/20 (29.04.2020).

38 Vgl. Christian Becker, Anmerkung zu BVerfG: Corona-Pandemie: Teilweise Aussetzung des Vollzugs der Bestimmungen zum Verbot von Zusammenkünften zur Religionsausübung, in: COVuR 2020, 92-96, 96.

39 BVerfG, 1 BvQ 28/20 (10.04.2020), Rn. 9f.; Thüringer Oberverwaltungsgericht, 3 EN 238/20 (09.04.2020), Rn. 39; VG Dresden, 3 L 182/20 (03.04.2020), Rn. 22;

40 Vgl. Becker, a.a.O., 95.

41 Vgl. Christian Katzenmeier, Grundrechte in Zeiten von Corona. Zugleich Anmerkung zu BVerfG, Beschl. v. 7. 4. 2020 - 1 BvR 755/20, in: MedR 2020, 461-465, 461.

42 Z.B. Thüringer Oberverwaltungsgericht, 3 EN 238/20 (09.04.2020), Rn. 71; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung Vf. 34-VII-20 (11.05.2020), Rn. 27aa.

43 Leven kommt sogar zu dem Schluss, dass die Gerichte kirchenfreundlicher sind als die Bischöfe, vgl. Benjamin Leven, Mehr Wehleidigkeit, in: HK 74 (2020) 4-5, 5. Isensee liegt jedenfalls nicht richtig, wenn er meint, der Staat blicke nicht darauf, wie wichtig diese religiösen Akte aus der Sicht der jeweiligen Glaubensgemeinschaft sind, vgl. Isensee, Notstand a.a.O.

44 Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 8 B 892/20.N (07.04.2020), Rn. 1 lit. d.

45 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 20 NE 20.704 (09.04.2020), Rn. 12f.; ders., 20 NE 20.738 (09.04.2020), Rn. 11f.

46 BVerfG, 1 BvQ 28/20 (10.04.2020), Rn. 6.

47 BVerfG, 1 BvQ 31/20 (10.04.2020), Rn. 12; Thüringer Oberverwaltungsgericht 3 EN 238/20 (09.04.2020), Rn. 61; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg OVG 11 S 21/20 (08.04.2020), Rn. 8.

48 Vgl. Thüringer Oberverwaltungsgericht, 3 EN 238/20 (09.04.2020), Rn. 71; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, OVG 11 S 21/20 (08.04.2020), Rn. 12; VG Dresden, 3 L 182/20 (03.04.2020); Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 2 KM 236/20 OVG (08.04.2020), Rn. 38.

49 Holger Schmitz, Carl-Wendelin Neubert, Praktische Konkordanz in der Covid-Krise, in: NVwZ 2020, 666-671, 667.

50 Thüringer Oberverwaltungsgericht, 3 EN 238/20 (09.04.2020), Rn. 58.

51 Ebd. Rn. 63f.

52 Vgl. Daniela Tarantino, "non in pane solo vivet homo". Catholics in front of covid-19, at: https://diresom.net/2020/03/21/non-in-pane-solo-vivet-homo-catholics-in-front-of-covid-19/.

53 Ebd. Rn. 68.

54 Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung Vf. 34-VII-20 (11.05.2020), Rn. 28.

55 VGH Mannheim, Beschluss 1 S 1357/20 (18.05.2020), Rn. 139 und 144.

56 VGH München, Beschluss 20 NE 20.955 (07.05.2020), Rn. 27 und 36.

57 Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung Vf. 34-VII-20 (08.05.2020), Rn. 40.

58 VGH München, Beschluss 20 NE 20.843 (17.05.2020), Rn. 23.

59 Hans-Jürgen Papier, Freiheitsrechte in Zeiten der Pandemie, in: DRiZ 2020, 180-183, 181.

60 Kyrill-A. Schwarz, Das Infektionsschutzgesetz und die Grundrechte - ein Lehrstück zum verfassungsrechtlichen Freiheitsverständnis bei drohenden Gefahren, in: JA 2020, 321-326, 324.

61 Heinig, a.a.O.

62 Oliver Lepsius, Vom Niedergang grundrechtlicher Denkkategorien in der Corona-Pandemie (06.04.2020) at: verfassungsblog.de/vom-niedergang-grundrechtlicher-denkkategorien-in-der-corona-pandemie/.

63 Ebd.

64 Peglau, a.a.O., Anm. 1.

65 Philipp Bender, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen Gottesdienstverbote durch Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus, in: NVwZ-Extra 9b/2020, 1-6, 4.

66 Christian Hillgruber, Vorgehen gegen Gottesdienstverbote, in: Tagespost (06.04.2020), at: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Staatsrechtler-Hillgruber-Vorgehen-gegen-Gottesdienstverbote-mehr-als-berechtigt;art4874,207076.

67 Lepsius, a.a.O.

68 Ebd.

69 Bender, a.a.O., 4.

70 Ebd. 5.

71 Rehak verwendet die Ausdrücke "nachvollziehen" und "transformieren", vgl. Martin Rehak, Kanon des Monats c. 838 § 4 (Mai '20), at: https://www.theologie.uni-wuerzburg.de/institute-lehrstuehle/prak/lehrstuhl-fuer-kirchenrecht/kanon-des-monats/.

72 Vgl. Heribert Hallermann, Bischöfe als Freiheitskünstler? Was aus der bischöflichen Kollegialität geworden ist, in: HK Spezial 2 (2012) 48-52, 50.

73 Vgl. Georg Bier, c. 381, in: MKCIC, 34. Lfg., Nov. 2000, Rn. 10; Oskar Stoffel, c. 333, in: MKCIC, 43. Lfg., Jan. 2008, Rn. 2, Knut Walf, c. 333, in: John Beal, James Coriden, Thomas Green (Ed.), New Commentary in the Code of Canon Law, New York 2000, 439.

74 Praefatio zum CIC/1983 (dt. zitiert nach der Vorrede in der lateinisch-deutschen Ausgabe der Bischöfe des deutschen Sprachgebiets CIC/1983, 82017, XXXV). Die ursprüngliche Fassung von 1967 erwähnte die Dezentralisierung in Zusammenhang mit Zweifeln hinsichtlich der Gerichtsorganisation, vgl. Communicationes 1 (1969) 77-85, 80f.

75 Franziskus, Art. 16 Evangelii Gaudium; ders., Ansprache zur 50-Jahr-Feier der Errichtung der Bischofssynode (17.10.2015), in: AAS 107 (2015), 1138-1144, 1143.

76 Heribert Schmitz, Gesetzgebungsbefugnis und Gesetzgebungskompetenzen des Diözesanbischofs nach dem CIC von 1983, in: AfkKR 152 (1983) 62-75, 66; ihm folgend Stefan Ihli, Der Diözesanbischof als Gesetzgeber, in: Sabine Demel und Klaus Lüdicke (Hg.), Zwischen Vollmacht und Ohnmacht Die Hirtengewalt des Diözesanbischofs und ihre Grenzen, Freiburg 2015, 256-276, 274.

77 C. 69 § 2 Schema LEF/1980 im Titel II "De Ecclesiae Muneribus". Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war ein solches kirchliches Grundgesetz geplant. Die Entwürfe wurden nie in Kraft gesetzt, aber einzelne Bestimmungen wurden in den CIC/1983 übergenommen.

78 Vgl. Rüdiger Althaus, c. 838, in: MKCIC, 54. Lfg., Nov. 2017, Rn. 5; ders., c. 841, in: MKCIC 40. Lfg., Feb. 2006, Rn. 3; Antonio Molina Melía, La potestad de los Obispos sobre los sacramentos, in: REDC 40 (1984), 5-14, 6.

79 Vgl. Schmitz, Gesetzgebungsbefugnis, a.a.O., 66f.

80 Vgl. Ihli, Diözesanbischof, a.a.O., 271; Javier Otaduy, La prevalencia y el respeto: principios de relación entre la norma universal y la particular, in: Javier Otaduy (Hg.), Fuentes, interpretaciòn, personas. estudios de derecho canónico, Pamplona 2002, 105-121, 109.

81 "Recht" meint nicht nur Gesetze, sondern etwa auch übergeordnete allgemeine Ausführungsdekrete und Instruktionen, vgl. Hubert Socha, c. 135, in: MKCIC, 54. Lfg., Nov. 2017, Rn. 7 c.

82 Rehak, Kanon, a.a.O.

83 Vgl. Georg Bier, Die Rechtsstellung des Diözesanbischofs nach dem Codex Iuris Canonici von 1983, Würzburg 2002, 204; Rüdiger Althaus, c. 841, in: MKCIC, 40. Lfg., Feb. 2006, Rn. 3.

84 Allgemein: Bier, Rechtsstellung, a.a.O., 202.

85 Anders verhält es sich bei der Bischofskonferenz, auf die c. 841 mit c. 838 § 3 CIC ebenfalls verweist. Die Bischofskonferenz hat gemäß c. 455 § 1 CIC nur in einzeln aufgeführten Bereichen Gesetzgebungskompetenz. Daher kann c. 841 für sie keine Generalkompetenz implizieren. Die Diözesanbischöfe besitzen hingegen omnis potestas (c. 381 § 1 CIC). Vgl. Rehak, Kanon, a.a.O.

86 Vgl. Bier, Rechtsstellung, a.a.O., 204; Norbert Lüdecke, Feiern nach Kirchenrecht, in: JBTh 18 (2003), 395-456, 401.

87 Vgl. Hans Heimerl, Helmuth Pree, Kirchenrecht. Allgemeine Normen und Eherecht, Wien 1983, 39.

88 Gottesdienstkongregation, Instruktion: Memoriale Domini (29.05.1969), in: AAS 61 (1969) 541-547; Art. 92 Redemptionis Sacramentum.

89 Vgl. Heimerl, Pree, Kirchenrecht, a.a.O., 38.

90 Vgl. ebd.; Javier Otaduy, La relación entre el derecho universal y el particular (A propósito de la Cons. Ap. Pastor Bonus), in: Javier Otaduy, Fuentes, interpretaciòn, personas. Estudios de derecho canónico, Pamplona 2002, 79-102, 88; Eduardo Baura, La posizione del diritto particolare. In seguito alla nuova codificazione, in: Conn, James (Hg.), lustitia in caritate. Miscellanea di studi in onore di Velasio De Paolis, Città del Vaticano 2005, 161-177, 168.

91 Vgl. Otaduy, Relación, a.a.O., 89.

92 Vgl. ebd, 86; Heimerl, Pree, Kirchenrecht, a.a.O., 38.

93 Vgl. Art. 67 lit. d Apostolorum successores.

94 Vgl. Althaus, c. 838, a.a.O., Rn. 5.

95 Vgl. Rehak, Kanon, a.a.O.

96 Vgl. Eduardo Baura, Parte generale del diritto canonico. Diritto e sistema normativo, Roma 2013, 273f.

97 Vgl. Schmitz, Gesetzgebungsbefugnis, a.a.O., 64.

98 Vgl. Georg May, Anna Egler, Einführung in die kirchenrechtliche Methode, Regensburg 1986, 152; Lothar Wächter, Gesetz im kanonischen Recht, St. Ottilien 1989, 107.

99 VG München, AZ. M 26 S 20.1252 (26.03.2020).

100 Jorge Miras Pouso, Javier Canosa Rodríguez, Eduardo Baura De La Peña, Compendio de derecho administrativo canónico, Pamplona ³2017, 248.

101 Ebd.

102 Heimerl, Pree, Kirchenrecht, a.a.O. 54.

103 Thomas Amann, Der Verwaltungsakt für Einzelfälle. Eine Untersuchung aufgrund des Codex Iuris Canonici, St. Ottilien 1997, 16f.

104 Miras, Canosa, Baura, Compendio, a.a.O. 59, 62 und 64.

105 So Erzdiözese München und Freising, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC (29.04.2020), Nr. 1.

106 Vgl. Aymans / Mörsdorf, Lehrbuch I, 256 und 258.

107 Ebd., 261.

108 Vgl. Helmuth Pree, Le tecniche canoniche di flessibilizzazione del diritto: Possibilità e limiti ecclesiali di impiego, in: Ius Ecclesiae 12 (2000), 375-418, 384.

109 Vgl. Heimerl, Pree, Kirchenrecht, a.a.O., 12.

110 Vgl. ebd.

111 Vgl. Dominique Le Tourneau, Le canon 213 sur le droit aux biens spirituels et ses conséquences sur les droits et les devoirs fondamentaux dans l'église, in: SC 47 (2013), 407-466, 453.

112 Z.B. Matteo Visioli, Il diritto di ricevere i sacramenti (can. 213), in: QDE 30 (2017), 455-474, 461; Jürgen Olschewski, Das Recht auf Sakramentenempfang. Zur Entwicklung eines Fundamentalrechtes der Gläubigen vom Konzil von Trient bis zur Gegenwart, Frankfurt 1998, 261; Rüdiger Althaus, c. 843, in: MKCIC, 39. Lfg., Juli 2005, Rn. 3a.

113 Vgl. Brendan Daly, "Refusing Sacraments": Another Name for Driving People Away from the Church, in: ACR LXXX 1/03, 39-50, 41.

114 Vgl. Visioli, Diritto, a.a.O. 463; Olschewski, Recht, a.a.O. 266; Althaus c. 843, a.a.O., Rn. 3c.

115 Vgl. Visioli, Diritto, a.a.O., 463: "proibizioni canoniche".

116 Lüdecke, Feiern, a.a.O., 426.

117 Beispiele bei John Huels, Just and Reasonable Cause for Celebrating Mass Alone, in: Roman Replies and CLSA Advisory Opinions, 2004, 149-151, 150.

118 Heilige Ritenkongregation und Consilium im Pontifikat von Papst Paul VI., Instruktion: Inter oecumenici (26.09.1964), in: AAS 56 (1964) 877-900.

119 Der zweite Paragraph ist in c. 1248 Schema CIC/1982 noch nicht enthalten.

120 Vgl. Christian Kriegbaum, Die "Sonntägliche Wort-Gottes-Feier" - aus der Not geboren, zum Segen geworden, St. Ottilien 2006, 107f.

121 Die Klausel ist bewusst sehr offen formuliert, vgl. ebd. 149.

122 Siehe das Sonderrecht zum Empfang in Ausnahmesituationen, vgl. Olschewski, Recht, a.a.O., 276.

123 Vgl. ebd. 280, 288, 292.

124 Benedikt XIV., Sanctissimi Domini Nostri Benedicti Papae XIV. De Synodo Dioecesana Libri Tredecim, Roma 1755, liber 13, c. 19, n. 2.

125 So findet er sich durchaus im amtlichen Sprachgebrauch, vgl. Apostolische Signatur, Sententia definitiva coram Grocholewski, Prot. Nr. 37937/ 05 CA (28.04.2007), in: Ius Ecclesiae 19 (2007) 611-626, 620; Kongregation für den Klerus, Dekret (30.07.2008), in: Roman Replies and CLSA Advisory Opinions 2008, 8-11, 9; Pontificium Consilium de Legum Textibus: Nota de applicanda norma de qua in can. 223 §2 CIC, in: Comm 42 (2010), 280-281, Nr. 4.

126 Vgl. Massimo Del Pozzo, L'annosa questione della "fondamentalità" e la portata dei diritti dei fedeli, in: Ius Ecclesiae 27 (2015), 295-315, 310; Pree, Helmuth, Das Recht auf die Heilsgüter (c. 213 CIC), in: Heiliger Dienst 48 (1994) 273-291, 273.

127 Burkhard Josef Berkmann, Grundrechte. Einführung, in: ders., Marcus Nelles, Fälle zum katholischen Kirchenrecht. Übungsbeispiele mit Lösungen, Stuttgart 2019, 37-40.

128 So auch Heckel, der selbst bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung die drei Elemente des staatlichen Rechts übernimmt: Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit, vgl. Noach Heckel, Das Allgemeine Dekret der Deutschen Bischofskonferenz zum Kirchenaustritt vom 15. März 2011: Der Kirchenaustritt in Deutschland aus der Sicht des katholischen Kirchenrechts, St. Ottilien 2018, 357f.

129 An der Formulierung dieses Canons mag eine "betreuungskirchliche Nuance" kritisiert werden (vgl. Gerhard Luf, Grundrechte im CIC/1983, ÖAKR 35 [1985], 107-131, 128), doch schmälert das nicht die zentrale Bedeutung dieses Grundrechts.

130 Ausführlich John Flader, The Right of the Faithful to the Spiritual Goods of the Church: Reflections on Canon 213, in: Apoll. 65 (1992), 375-398, 383-393.

131 Vgl. ebd., 377; Ulrich Tammler, Tutela iurium personarum: Grundfragen des Verwaltungsrechtsschutzes in der katholischen Kirche in Vergangenheit und Gegenwart 189; Pree (Recht, a.a.O., 289) unterscheidet ferner zwischen dem liturgischen Vollzug einerseits und der Zulassung bzw. Nichtzulassung andererseits, welche einen Gegenstand des disziplinären Kirchenrechts bildet und damit dem Rechtsschutz XE "Rechtsschutz"  zugänglich ist.

132 Vgl. Kongregation für den Klerus, Dekret (30.07.2008), in: Roman Replies and CLSA Advisory Opinions 2008, 8-11, 10. In dem zugrunde liegenden Fall wurden die priesterlichen Rechte zwar befristet entzogen, die Befristung aber immer wieder verlängert.

133 Schema De Populo Dei/1977.

134 Communicationes 4 (1972) 142 und 144.

135 Unzutreffend daher Sanchis, der meint das Recht auf Sakramente gelte nur ad normam iuris, vgl. Josemaría Sanchis, Il diritto fondamentale dei fedeli ai sacramenti e la realizzazione di peculiari attivitá pastorali, in: ME 115 (1990), 190-203, 192.

136 Auch Heckel betrachtet c. 223 § 2 CIC als Eingriffsvorbehalt, vgl. Heckel, Dekret, a.a.O., 302.

137 Vgl. Cenalmor, Daniel, Límites y regulación de los derechos de todos los fieles, in: Fidelium Iura 5 (1995) 145-173, 168; Pree, Recht, a.a.O., 275; Heckel, Dekret, 290.

138 Pontificium Consilium de Legum Textibus, Nota de applicanda norma de qua in can. 223 § 2 CIC (08.12.2010), in: Communicationes 42 (2010), 280-281, Nr. 3.

139 Nach Cenalmor sollten es aber in erster Linie Gesetze sein, vgl. Cenalmor, Límites, a.a.O., 165.

140 Daran ändert nichts die Streichung der Klausel "legibus irritantibus et inhabilitantibus restringere", die noch in c. 223 § 2 Schema CIC/1982 enthalten war, da es sich hierbei nur um eine überflüssige Spezifikation handelte, vgl. PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 3.

141 Vgl. Apostolische Signatur, Sententia definitiva coram Grocholewski Prot. Nr. 37937/05 CA (28.04.2007), in: Ius Ecclesiae 19 (2007), 611-626, 620; Kongregation für den Klerus, Dekret (30.07.2008), in: Roman Replies and CLSA Advisory Opinions 2008, 8-11, 10; Apostolische Signatur, Decretum congressus, Prot. Nr. 41760/08 CA (30.05.2009), in: Ius Ecclesiae 23 (2011), 664-668, Nr. 6.

142 PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 4.

143 Heckel, Dekret, a.a.O., 306.

144 PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 4: C. 223 § 2 CIC befreit nicht von Grenzen, welche die höhere Autorität gesetzt hat.

145 Vgl. Jesús Bogarín Díaz, El favor libertatis como clave hermenéutica del canon 223, in: Ius Canonicum 53 (2013), 517-546, 538. Eine andere Frage ist, ob diözesane Gesetze, welche die Ausübung von Rechten ungerechtfertigterweise beschränken, als Gesetze zu gelten haben, die deswegen höherem Recht widersprechen und infolge c. 135 § 2 CIC nichtig sind. Dagegen spricht die Unbestimmtheit der Schranken, vgl. ebd. 542.

146 Heckel, Dekret, a.a.O., 304.

147 Bogarín Díaz, Favor, a.a.O., 532. Somit bildet das Gemeinwohl nicht nur eine Schranke für die Ausübung der Rechte, sondern auch für die Eingriffe seitens der kirchlichen Autorität.

148 Wie wichtig aus christlicher Sicht auch die rein leibliche Gesundheit ist, zeigt schon die Tatsache, dass in Deutschland ein Drittel aller Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft ist. Auch damit leisteten die christlichen Kirchen einen wesentlichen Beitrag zur Krankheitsbekämpfung.

149 Pree kritisiert, dass der Vorbehalt des Gemeinwohls dem Bestimmtheitsgebot nicht genügt, vgl. Pree, Recht, a.a.O., 278f. Botta spricht sich für eine rigorose Handhabung aus, um Willkür und Instrumentalisierung zu vermeiden, vgl. Raffaele Botta, Bonum commune Ecclesiae ed esercizio dei diritti fondamentali del fedele nel nuovo Codice di diritto canonico, in: Michel Thériault, Jean Thorn (Hg.), The New Code of Canon Law, 5th International Congress of Canon Law, Ottawa 1986, 819.

150 PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 2.

151 Vgl. Bogarín Díaz, Favor, a.a.O., 539.

152 Vgl. ebd., 540; Pedro Viladrich, La declaración de derechos y deberes de los fieles (Cánones 10 al 30), in: Redacción Ius Canonicum (Hg.), El proyecto de ley fundamental de la Iglesia, Pamplona 1971, 122-159, 150.

153 PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 5. Auch Heckel scheint bonum commune und bonum commune Ecclesiae ohne weitere Begründung gleichzusetzen, vgl. Heckel, Dekret, a.a.O., 307.

154 Vgl. Winfried Aymans, Klaus Mörsdorf, Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Band I: Einleitende Grundfragen und allgemeine Normen, Paderborn 131991, 149.

155 Charles Scicluna, "Bonum commune Ecclesiae" as a criterion for regimen and the exercise of rights in the 1983 Code of Canon Law, in: Janusz Kowal, Joaquín Llobell (Hg.), Iustitia et Iudicium. Studi di Diritto Matrimoniale e Processuale Canonico in Onore die Antoni Stankiewicz, Rom 2010 (= Studi Giuridici; 89), 1267-1292, 1270.

156 Ebd.

157 Cenalmor, Límites, a.a.O., 149.

158 Vgl. Vincenzo Pacillo, Il diritto di ricevere i sacramenti di fronte alla pandemia. Ovvero, l'emergenza da COVID-19 e la struttura teologico-giuridica della relazione tra il fedele e la rivelazione della Grazia (06.04.2020), at: https://www.olir.it/focus/vincenzo-pacillo-il-diritto-di-ricevere-i-sacramenti-di-fronte-alla-pandemia-ovvero-lemergenza-da-covid-19-e-la-struttura-teologico-giuridica-della-relazione-tra-il-fedele-e-la-rivelazione/.

159 Vgl. Pree, Recht, a.a.O., 278. Heckel zufolge gilt das Gemeinwohl ohnehin Ober- und Sammelbegriff aller denkbaren Schranken, vgl. Heckel, Dekret, a.a.O., 320.

160 Z.B. Art. 6 Pacem in terris: "Bezüglich der Menschenrechte, die Wir ins Auge fassen wollen, stellen Wir gleich zu Beginn fest, dass der Mensch das Recht auf Leben hat, auf die Unversehrtheit des Leibes sowie auf die geeigneten Mittel zu angemessener Lebensführung. Dazu gehören Nahrung, Kleidung, Wohnung, Erholung, ärztliche Behandlung und die notwendigen Dienste, um die sich der Staat gegenüber den einzelnen kümmern muss. Daraus folgt auch, dass der Mensch ein Recht auf Beistand hat im Falle von Krankheit, Invalidität, Verwitwung, Alter, Arbeitslosigkeit oder wenn er ohne sein Verschulden sonst der zum Leben notwendigen Dinge entbehren muss."

161 PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 4.

162 Vgl. Pacillo, Diritto, a.a.O., Nr. 3.

163 PCLT, Nota (08.12.2010), a.a.O., Nr. 4.

164 Auch dieser Aspekt wird vom PCLT angedeutet. In seiner Note erklärt der Rat nämlich nicht einfach, dass die Rechte der Gläubigen mit dem Gemeinwohl in Einklang zu bringen sind, sondern mit der Notwendigkeit, das Gemeinwohl der Kirche zu verfolgen. Das Gemeinwohl ist also dort maßgeblich, wo seine Verfolgung notwendig ist.

165 Vgl. Bogarín Díaz, Favor, a.a.O., 535.

166 Vgl. Römische Rota coram Colagiovanni (14.06.1994), in: Monitor Ecclesiasticus 32 (1997) 90-95.

167 Vgl. Pacillo, Diritto, a.a.O.

168 Visioli, Diritto, a.a.O., 469; vgl. auch Primetshofer, Bruno, Das Recht auf Wort und Sakrament. Ein Grundrecht und seine Verwirklichung, in: Kremsmair, Josef / Pree, Helmuth (Hg.), Ars boni et aequi: gesammelte Schriften von Bruno Primetshofer, Berlin 1997, 199-204, 201.

169 Daly, Refusing, a.a.O., 50; Visioli, Diritto, a.a.O., 467.

170 Art. 26 lit. a Regolamento generale della Curia Romana.

171 Congregatio de Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, Responsa ad dubia proposita (undatiert), in: Notitiae 35 (1999), 160.

172 Congregatio pro Cultu Divino et Disciplina Sacramentorum, Litterae: Prot. Nr. 2607/98/L (18.12.1999): Notitiae 35 (1999) 537-540.

173 Gottesdienstkongregation, Prot. Nr. 154/20 Dekret in der Zeit von Covid-19 (25.03.2020), at: https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2020/03/25/0181/00409.html; deutsch at: https://kanzlei-kirchenrecht.com/2020/03/27/vatikan-und-ostern/.

174 Signatura Aostolica, 10977/79 CA (27.10.1984), in: William Daniel, Ministerium Iustitiae: jurisprudence of the Supreme Tribunal of the Apostolic Signatura, Montreal 2011, 535-567.

175 Vgl. Signatura Apostolica, Decretum definitivum, 17447/85 C.A. (23.01.1988), in: Communicationes 20 (1988) 88-94, Nr. 7, lit. a.

176 Z.B. Olschewski, Recht, a.a.O., 335; Cenalmor, Derecho, a.a.O., 116; Daly, Refusing, a.a.O., 50.

177 Pree, Recht, a.a.O., 290; Le Tourneau, Canon 213, a.a.O., 454.

178 Gottesdienstkongregation, Prot. N. 153/20, Dekret in der Zeit von Covid-19, (19.03.2020), at: http://www.cultodivino.va/content/cultodivino/it/documenti/decreti-generali/decreti-generali/2020/decreto-triduo-pasquale-2020.html; deutsch: https://kanzlei-kirchenrecht.com/category/dekrete/.

179 Gottesdienstkongregation, Dekret (25.03.2020), a.a.O.

180 Vgl. KNA, Neue Regeln für Ostern in Corona-Gebieten aus dem Vatikan. Aktualisierte Bestimmungen (25.03.2020), at: https://www.domradio.de/themen/ostern/2020-03-25/aktualisierte-bestimmungen-neue-regeln-fuer-ostern-corona-gebieten-aus-dem-vatikan.

181 Die Diözese Augsburg hielt das Verbot von Osterfeuern unter Berufung auf das erste Dekret dennoch aufrecht, vgl. Diözesanadministrator, Schreiben an die besetzten Pfarrämter und Ordensgemeinschaften im Bistum Augsburg: Feier der Heiligen Woche - Anordnung (24.03.2020); Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators, Die Feier der Heiligen Woche (31.03.2020).

182 Nr. 5: "Osternacht. Sie wird ausschließlich in den Kathedralen und Pfarrkirchen gefeiert. [...] Die Seminare, Priesterkollegien, Klöster und Ordensgemeinschaften sollen den Angaben dieses Dekrets folgen."

183 Vgl. Pacillo, Diritto, a.a.O.

184 Apostolische Pönitentiarie, Apostolische Pönitentiarie, Note der über das Bußsakrament in der gegenwärtigen Situation der Pandemie (19.03.2020), italienisch: http://www.penitenzieria.va/content/penitenzieriaapostolica/it/tribunale-del-foro-interno/magistero-e-biblioteca-di-testi/nota2.html; deutsch: http://www.penitenzieria.va/content/dam/penitenzieriaapostolica/magistero-e-biblioteca-di-testi/nota2/NOTA%20Deutsch.pdf.

185 Apostolischen Pönitentiarie, Dekret über die Gewährung besonderer Ablässe für die Gläubigen in der gegenwärtigen Pandemie-Situation (19.03.2020), italienisch: http://www.penitenzieria.va/content/dam/penitenzieriaapostolica/indulgenze/DECRETO%20circa%20la%20concessione%20di%20speciali%20Indulgenze%20ai%20fedeli%20nell%E2%80%99attuale%20situazione%20di%20pandemia%20(19%20marzo%202020).pdf; deutsch: http://www.penitenzieria.va/content/dam/penitenzieriaapostolica/indulgenze/Dekret_Abl%C3%A4sse_Pandemie_ApP%C3%B6n2020.pdf.

186 DBK, Hinweise zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem Coronavirus in Gottesdiensten und Kirchenräumen (26.02.2020), at: https://www.dbk.de/nc/presse/aktuelles/meldung/hinweise-zur-vermeidung-von-ansteckungen-mit-dem-coronavirus-sars-cov-2-in-gottesdiensten-und-kirc/detail/.

187 DBK, Besondere Fürbitte am Karfreitag 2020 (25.03.2020), at: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2020/2020-048a-Besondere-Fuerbitte-Karfreitag-2020.pdf.

188 VDD, Einigung mit GEMA und VG Musikedition für die Übertragung von Gottesdiensten oder anderen liturgischen Feiern über das Internet Hinweise zu rechtlichen Fragen (19.03.2020), at: https://www.dbk.de/nc/presse/aktuelles/meldung/einigung-mit-gema-und-vg-musikedition-fuer-die-uebertragung-von-gottesdiensten-oder-anderen-liturgisch/detail/.

189 DBK, EKD, OBKD, "Beistand, Trost und Hoffnung". Ein Wort der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche in Deutschland (20.03.2020), at: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2020/2020-046a-Gemeinsames-Wort-der-Kirchen-zur-Corona-Krise.pdf.

190 DBK, Überlegungen aus dem Bereich der Deutschen Bischofskonferenz zur Möglichkeit religiöser Versammlungen. Briefing für ein Gespräch des Bundesministeriums des Inneren am 17. April 2020 (15.04.2020), at: https://dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2020/2020-068a-Ueberlegungen-zur-Moeglichkeit-religioeser-Versammlungen-Arbeitspapier.pdf.

191 DBK, Empfehlungen zur Feier der Liturgie in Zeiten der Corona-Krise (24.04.2020), at: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/dossiers_2020/2020-04-24-Empfehlungen-zur-Feier-der-Liturgie-in-Zeiten-der-Corona-Krise.pdf.

192 Z.B. Augsburg: Arbeitsgruppe, Weisungen (12.03.2020), at: https://bistum-augsburg.de/Generalvikariat-Zentrale-Dienste/Corona-Virus-Weisungen-fuer-Veranstaltungen. Die Weisungen wurden von einer "kurzfristig einberufenen Arbeitsgruppe im Bischöflichen Ordinariat" geschaffen. Zusammensetzung und Kompetenzen der Arbeitsgruppe gehen aus dem Dokument nicht hervor.

193 Augsburg: Arbeitsgruppe, Weisungen (12.03.2020).

194 Augsburg: Anweisungen (13.03.2020), at: https://bistum-augsburg.de/Generalvikariat-Zentrale-Dienste/Corona-Virus-Weisungen-fuer-Veranstaltungen. Der Urheber der Anweisungen wird auf der Internetseite nicht angegeben.

195 Augsburg: Anweisungen (13.03.2020); München und Freising: Erzbischof, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC (13.03.2020), Nr. 2. Man beachte aber den unterschiedlichen Verpflichtungsgrad: Augsburg: "sind nach Möglichkeit zu verschieben"; München und Freising: "sind zu verschieben". Beide Regelungen sehen ausnahmsweise die Taufe im engsten Familienkreis vor - Augsburg in "dringlichen Ausnahmesituationen", München in "dringlichsten Ausnahmesituationen". Das Münchner Dekret vergisst nicht, für die Taufe in Privathäusern eine Erlaubnis gemäß can. 860 § 1 CIC zu erteilen.

196 Augsburg: Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators, Anordnung zum Empfang des Bußsakraments (März 2020), at: https://bistum-augsburg.de/Media/Files/03_20-Anordnung-zum-Empfang-des-Busssakraments.

197 Bamberg: Generalvikar, Hinweise zum Umgang mit dem Sars-CoV-2 (Coronavirus) hinsichtlich liturgischer Feiern und Veranstaltungen in den Seelsorgebereichen (13.03.2020). Laut diesen Hinweisen wurde die Dispens vom Erzbischof erteilt. München und Freising: Erzbischof, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC (13.03.2020), Nr. 2; Würzburg: Pressestelle, Bischof setzt Sonntagspflicht bis auf Weiteres aus (13.03.2020), at: https://pow.bistum-wuerzburg.de/aktuelle-meldungen/detailansicht/ansicht/bischof-setzt-sonntagspflicht-bis-auf-weiteres-aus.

198 Augsburg: Arbeitsgruppe, Weisungen (12.03.2020) sowie Anweisungen (13.03.2020): "Im Hinblick auf die weitere zeitliche Erstreckung dieser Anordnung wird dann wiederum entschieden werden, wenn entsprechende staatliche/behördliche Anweisungen vorliegen." Bamberg: Generalvikar, Hinweise (13.03.2020): "Auf Grund des Virus Sars-CoV-2 (Corona-Virus) dürfen entsprechend den Anordnungen der Staatsregierung vom 13. März 2020 und den Verfügungen der örtlichen Behörden, die voraussichtlich bis 19. April 2020 gelten, sämtliche Veranstaltungen, bei denen mit mehr als 100 Personen zu rechnen ist, nicht stattfinden."

199 Erzbischof, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC (13.03.2020), Nr. 1.

200 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, NE 20.704 (09.04.2020), Rn. 24; ders. 20 NE 20.738 (09.04.2020), Rn. 23.

201 Generalvikar / Amtschefin, Schreiben: Hinweise zum Schreiben vom 11.03.2020 zu Coronavirus SARS-CoV-2 (12.03.2020).

202 Erzbischof, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC (30.03.2020).

203 Erzbischof, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC (17.04.2020).

204 Vgl. Peter Erdö, Expressiones obligationis et exhortationis in Codice Iuris Canonici, in: PerRMCL 76 (1987), 3-27, 17.

205 Augsburg: Ständiger Vertreter des Apostolischen Administrators, Anordnung Az.: GV/he 2399 (16.03.2020), Nr. 6.

206 Vgl. z.B. Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Aktualisierte Information zu Bestattungen aufgrund der Bayerischen Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie vom 24. März 2020 (BayMBI. 2020 Nr. 130, GVBI. S. 178), G32i-G8070-2020/6-8 (26.03.2020).

207 Augsburg: Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators, Die Feier der Heiligen Woche (31.03.2020).

208 https://mk-online.de/meldung/kommunionempfang-auch-in-corona-zeiten.html?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%255%E2%80%A6.

209 Richtlinien für die Erzdiözese Wien für den Empfang der Eucharistie in der besonderen Situation der Prävention einer Covid-19 Infektion, in: Wiener Diözesanblatt 158 (2020) Nr. 4, 56.

210 Ständiger Vertreter des Apostolischen Administrators, Anordnung Az.: GV/he 2399 (16.03.2020).

211 Diözesanadministrator, Schreiben an die besetzten Pfarrämter und Ordensgemeinschaften im Bistum Augsburg: Feier der Heiligen Woche - Anordnung Az.: GV/he 2405 (24.03.2020).

212 Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators, Die Feier der Heiligen Woche (31.03.2020); ders., Hinweise zu Palmbuschen/Osterkerzen/Segnung von Speisen in der Osterzeit etc. Az.: GV/he 2992 (31.03.2020).

213 Erzbistum Bamberg, Nachricht: Öffentliche Gottesdienste im Erzbistum Bamberg vorerst abgesagt (16.03.2020), at: https://erzbistum-bamberg.de/nachrichten/oeffentliche-gottesdienste-im-erzbistum-bamberg-vorerst-abgesagt/0bfa2d20-9f47-4716-9209-09e1d7d803a3?mode=detail.

214 Diözesanbischof, Dekret (16.03.2020).

215 Im Verlängerungsdekret vom 17. April werden sie sehr wohl erwähnt.

216 Diözesanbischof, Botschaft (Videoansprache) (16.03.2020) Videoansprache von Bischof Dr. Franz Jung vom 16. März 2020, at: https://bischof.bistum-wuerzburg.de/detailansicht/ansicht/auf-das-wesentliche-im-leben-besinnen/ "Am Wochenende haben die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung die Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus drastisch verschärft. [...] Für unser Bistum Würzburg bedeutet dies, dass wir nun auch alle öffentlichen Gottesdienste bis 19. April aussetzen müssen."

217 Diözesanbischof, Schreiben: Die Kar- und Osterwoche 2020 im Bistum Würzburg im Zeichen des Coronavirus (26.03.2020), at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-03-26_Schreiben_des_Bischofs_Kar-_und_Osterwoche_2020.pdf In den beigefügten Ausführungsbestimmungen heißt es: "Einzelnen Gläubigen kann die heilige Kommunion gereicht werden, wenn sie von sich aus darum bitten, nicht am Coronavirus erkrankt sind und nicht unter Quarantäne stehen." Nicht erwähnt, aber einschlägig wäre c. 918 CIC. Der hier verlangte "gerechte Grund" liegt zweifellos vor.

218 Hinweise zur Spendung des Bußsakraments in der gegenwärtigen Corona-Pandemie, at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-03-26_Hinweise_zur_Spendung_des_Busssakraments.pdf.

219 Corona-Pandemie: Feststellung des Katastrophenfalls Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 16. März 2020, Az. D4-2257-3-35 (BayMBl. Nr. 115).

220 https://www.bayern.de/corona-pandemie-bayern-ruft-den-katastrophenfall-aus-veranstaltungsverbote-und-betriebsuntersagungen.

221 Leven attestiert eine "Eilfertigkeit und Geräuschlosigkeit, mit der die katholischen Bistümer noch vor den staatlichen Verboten ihre öffentlichen Gottesdienste aussetzten und Alternativangebote organisierten", vgl. Benjamin Leven, Mehr Wehleidigkeit, in: HK 74 (2020) 4-5, 4.

222 Gemeinsame Verpflichtung der katholischen (Erz-)Diözesen Bayerns und der Evangelischen Landeskirche Bayern im Hinblick auf eine Erlaubnis von gottesdienstlichen Versammlungen in Kirchen (undatiert), at: https://corona.bayern-evangelisch.de/downloads/Anlage%2002%20Gemeinsame%20Verpflichtung%20der%20katholischen%20Di%c3%b6zesen%20und%20der%20ELKB(4).pdf.

223 Schutzkonzept der bayerischen (Erz-)Diözesen nach Abstimmung mit der Bayerischen Staatsregierung Rahmenbedingungen und möglicher Ablauf Gottesdienst mit beschränkter Teilnehmerzahl (28.04.2020), at: https://information.erzbistum-bamberg.de/medien/55a9bff1-f1a7-448f-85e9-406e8e27a3c3/200501_schutzkonzept_der_bayerischen_dioezesen.pdf?a=true.

224 Erzbischof, Allgemeines Dekret gemäß can. 29 CIC, VZ 52.9-2020/1#001 (29.04.2020), at: https://www.erzbistum-muenchen.de/im-blick/coronavirus.

225 Generalvikar, Anordnung: Infektionsschutzkonzept für katholische Gottesdienste im Erzbistum München und Freising (29.04.2020), at: https://www.erzbistum-muenchen.de/cms-media/media-50061320.pdf.

226 Generalvikar / Amtschefin, Schreiben: Infektionsschutzkonzept für Gottesdienste und weitere Festlegungen für die Zeit ab 04.05.2020 (29.04.2020), https://www.erzbistum-muenchen.de/cms-media/media-50141320.pdf.

227 Vgl. Ronny Raith, Verwaltungsermessen im Kanonischen Recht, Berlin 2006, 130. Zur Problematik des Ermessens in Bezug auf c. 213 CIC: Visioli, Diritto, a.a.O., 471f.

228 Ständiger Vertreter des Apostolischen Administrators, Diözesane Ausführungsbestimmungen / Erläuterungen zum Schutzkonzept der bayerischen (Erz-)Diözesen nach Abstimmung mit der Bayerischen Staatsregierung - gültig ab 04.05.2020 (29.04.2020), at: https://bistum-augsburg.de/Nachrichten/Schutzkonzept-fuer-Gottesdienste_id_221508.

229 Ständiger Vertreter des Apostolischen Administrators, Wiederzulassung von Gottesdiensten: Diözesane Ausführungsbestimmungen/Erläuterung zum Schutzkonzept, Az.: GV/Hv 4409 (18.05.2020).

230 Diözesanbischof, Dekret (28.04.2020), at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-04-28_Dekret_Bischof.pdf Anlage "Rahmenbedingungen und möglicher Ablauf öffentlicher Gottesdienste mit beschränkter Teilnehmerzahl ab dem 4. Mai 2020 in der Diözese Würzburg" at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-04-29_Regelungen_zur_Feier_A__ffentlicher_Gottesdienste_ab_4.5.2020.pdf

231 Wie Le Tourneau hervorhebt, sind das Recht an einer Messe teilzunehmen und das Recht zu kommunizieren, zwei verschiedene Rechte, für die unterschiedliche Voraussetzungen gelten, so dass das eine in bestimmten Fällen gewährt, das andere aber beschränkt werden kann (Le Tourneau, Canon 213, a.a.O., 428). Wenn jemand also zu der Einschätzung kommt, dass das eine nicht gewährt werden kann, wäre es falsch daraus zu schließen, dass auch das andere versagt bleiben muss.

232 https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-05-01_Corona-Bischofsbrief.pdf.

233 Bischof von Würzburg, Dekret (15.05.2020), at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-05-15_Dekret_des_Bischofs.pdf.

234 Dekret, Nr. 3.

235 Bischof von Würzburg, Brief (15.05.2020), at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-05-15_Corona-Erweiterung-Bischofsbrief.pdf.

236 Diese Bitte ist aber offenbar nicht veröffentlicht. Anders klingt der Newsletter, den der Innenminister am 28. April auf der Internetseite des Innenministeriums veröffentlichte: "Ohne diesen [den Schutzkonzepten der Kirchen] vorgreifen zu wollen, so könnten diese z.B. mit Blick auf die römisch-katholische Kirche, der ich selbst angehöre, den (höchst sparsamen) Umgang mit Weihwasser oder die Erteilung der Hl. Kommunion allein als Handkommunion betreffen." at: https://www.innenministerium.bayern.de/ser/newsletterrss/archiv/blaulicht/2020/112-newsletter-vom-28-04-2020/index.php.

237 Bischof von Würzburg, Dekret (29.05.2020), at: https://www.bistum-wuerzburg.de/fileadmin/Bistum/Coronavirus/2020-05-29_BischA__fliches_Dekret.pdf.

238 Vgl. Heckel, Dekret, a.a.O., 356.

239 C. 964 § 2 CIC; PCI, Responsio ad propositum dubium: de loco excipiendi sacramentales confessiones (07.07.1998), in: AAS 90 (1998), 711. Vgl. Pree, Recht, a.a.O., 280; Flader, Right, a.a.O., 385.

240 Apostolische Pönitentiarie, Note über das Bußsakrament (19.03.2020), a.a.O.

241 Vgl. Carlo Azzimonti, L'ingresso in chiesa, libero e gratuito, nel tempo delle sacre celebrazioni (can. 1221), in: Quaderni di diritto ecclesiale 18 (2005) 194-201, 199.

242 Präfektur des Päpstlichen Hauses, Hinweis, at: http://www.vatican.va/various/prefettura/index_ge.html.

243 Papst Franziskus, Predigt in Santa Marta: Il Papa prega per le mamme in attesa e mette in guardia dal rischio della fede "virtuale" (17.04.2020), at: https://www.vaticannews.va/it/papa-francesco/messa-santa-marta/2020-04/papa-francesco-messa-santa-marta-coronavirus8.html.

244 Das ist auch im staatlichen Recht abzulehnen, vgl. Holger Schmitz, Carl-Wendelin Neubert, Praktische Konkordanz in der Covid-Krise, 668. Aus rechtsstaatlichen Gründen jedenfalls zurückzuweisen ist die Devise Isensees: "Im Notstand regieren die Umstände", vgl. Isensee, Notstand, a.a.O.

245 In diesem Sinne für den staatlichen Rechtskreis: Katzenmeier, Grundrechte, a.a.O., 463.

246 Die Notwendigkeit, diese drei Seiten auseinanderzuhalten, verkennt Behrendt, die suggeriert, die Diözesanbischöfe könnten das in der staatlichen Rechtsordnung verankerte Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzen, vgl. Behrendt, Silvia, Unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht durch Bischöfe (23.04.2020), at: http://www.kath.net/news/71411.

247 Die Corona-Schutzverordnung von Nordrhein-Westfalen weist darauf hin, dass die Kirchen entsprechende Erklärungen abgegeben haben, vgl. Peglau, Coronaschutzverordnung, a.a.O., Anm. 1.

248 Auch in Italien besteht ein Kooperationsverhältnis zwischen Staat und Kirche. Dort wird diskutiert, ob dieses System nicht ausgehöhlt wird, wenn die Kirche sich eilfertig der staatlichen Anordnung beugt, vgl. Tiziana Di Iorio, La quarantena dell'anima del civis-fidelis. L'esercizio del culto nell'emergenza sanitaria da Covid-19 in Italia, in: Stato Chiese, pluralismo confessionale, fascicolo n. 11 del 2020, 36-67, 46f.

249 Vgl. Lepsius, Niedergang, a.a.O.

250 Isensee, Notstand, a.a.O.

251 Diese Seite der individuellen Religionsfreiheit übersieht Isensee, wenn er meint, es handle sich um "keinen Eingriff in ihre Freiheit", da die Kirchen sich als Körperschaft dem Entschluss freiwillig gebeugt hätten, auch wenn "selbstverständlich nicht jeder Priester und nicht jede Gemeinde" damit einverstanden sei, vgl. Josef Isensee, Es ist Ausnahmezustand, in: Tagespost (19.04.2020), at: https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/Es-ist-Ausnahmezustand;art315,207511.

252 BVerfG, 1 BvQ 44/20 (29.04.2020).

253 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, NE 20.704 (09.04.2020), Rn. 24; ders. 20 NE 20.738 (09.04.2020), Rn. 23.

254 BVerfG, 1 BvQ 28/20 (10.04.2020), Rn. 6.

255 Vgl. Morlok, Art. 4, a.a.O., Rn. 92.

256 Der islamische Moscheeverein brachte vor, dass er eine Lehre vertritt, die sich von anderen islamischen Gemeinschaften unterscheidet, und dass er von den zuständigen theologischen Instanzen die Genehmigung erhielt, in der von ihm genutzten Moschee an Freitagen mehrere Freitagsgebete durchzuführen, vgl. BVerfG, 1 BvQ 44/20 (29.04.2020), Rn. 11 und 15.

257 Vgl. Germann, Art. 4, a.a.O., Rn. 17.1.

258 Vgl. De Wall, Art. 107, a.a.O., Rn. 16.

259 BVerfG, 2 BvR 1436/02 (24.09.2003), Rn. 40.

260 Bay VerfGH, Vf. 11-VII-05 (15.01.2007).

261 İzzettin Doğan v. Türkei, No. 62649/10 (26.04.2016) [Große Kammer], § 134; Hamidović v. Bosnien und Herzegowina, No. 57792/15 (01.12.2017), § 30.

262 Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 2 KM 236/20 OVG (08.04.2020), Rn. 10.

263 "The Christian faithful have the right to receive assistance from the sacred pastors out of the spiritual goods of the Church, especially the word of God and the sacraments."

264 Primetshofer, Recht, a.a.O., 201.

265 Vgl. Holger Schmitz, Carl-Wendelin Neubert, Praktische Konkordanz in der Covid-Krise, 667.

266 Vgl. Holger Schmitz, Carl-Wendelin Neubert, Praktische Konkordanz in der Covid-Krise, 669.

267 Leven fragt sich, ob es wirklich nur um die Durchsetzung von Partikularinteressen geht, wenn einigermaßen würdevolle Begräbnisse, die ein Werk der Barmherzigkeit wären, unmöglich sind, vgl. Leven, Wehleidigkeit, a.a.O., 5.